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zu sogenannten „festen Lösungen“, die zuerst von van’t Hoff 1 ) charakteri
siert worden sind. So diffundiert Gold in Blei, wenn auch bei gewöhnlicher
Temperatur sehr langsam. Bei Temperaturen, die sich dem Schmelzpunkt
des Bleies nähern, geht der Prozeß viel schneller vor sich, wie Roberts-
Austen * 2 ) gezeigt hat. Aber die „festen Lösungen“ sind seltene Erschei
nungen, so daß wir hier davon absehen können.
Die Fähigkeit der Flüssigkeiten, fremde Substanzen aufzulösen, hängt
eng mit der Beweglichkeit ihrer Moleküle bei verhältnismäßig großer Dichte
zusammen. Den starren Körpern fehlt diese Eigenschaft, abgesehen von
den festen Lösungen. An Stelle der Eigenschaft, sich zu mischen, die wir
an den Molekülen der gasförmigen und flüssigen Stoffe beobachten, finden
wir bei den Molekülen der festen Körper die umgekehrte Tendenz, sich unter
der Wirkung der Kapillarkräfte abzusondern. Um die Wirkung der Kapillar
kräfte zu beleuchten, wollen wir annehmen, wir hätten acht Wassertropfen
von 0,01 mm Durchmesser und einen Tropfen vom doppelten Durchmesser.
Das Volumen wäre in beiden Fällen dasselbe, die Oberfläche aber im ersten
doppelt so groß wie im zweiten. Die Kapillarkräfte streben allgemein
dahin, die Oberfläche der Körper zu verkleinern, das zweite System ist
daher stabiler als das erste, und wenn einer von den acht Tropfen etwas
größer ist als die sieben anderen, so müssen sie auf ihn überdestillieren,
wie Lord Kelvin gezeigt hat. Dieselbe Überlegung gilt für feste Körper,
die von einer Flüssigkeit umgeben sind, z. B. Kristalle. Daher wachsen
große Kristalle auf Kosten der kleinen. Vulkanische Gesteine, die schnell
erstarrt sind, wie Obsidian, haben eine glasartige Struktur, ihre Kristalle
haben nicht Zeit gehabt, auf Dimensionen zu wachsen, die größer als die
Wellenlängen des Lichtes sind. Gesteine andrerseits, die sich aus dem feuer
flüssigen Zustand langsam abgekühlt haben, wie die Granite, enthalten
ziemlich große Kristalle. Die glasigen Silikate wiederum, die z. B. das ge
wöhnliche Fensterglas bilden, entglasen mit der Zeit, d. h. einige ihrer sub
mikroskopischen Kristalle werden groß. Die Kristalle, die sich aus wässe
riger Lösung abgeschieden haben, sind im allgemeinen viel größer als die
aus geschmolzenen Salzen, besonders aus geschmolzenen Silikaten. Diese
Eigentümlichkeit beruht wahrscheinlich auf der höheren Fluidität wässeriger
Lösungen im Vergleich zu Silikatschmelzen.
Die Laboratoriumstechnik macht sich diese natürliche Eigenschaft der
Kapillarkräfte zunutze, um reine Stoffe in fester Form darzustellen, indem
man sie aus ihren Lösungen auskristallisieren läßt. Die wiederholte De
stillation benutzt der Chemiker nur dann zur Trennung seiner Produkte,
1) van’t Hoff, Z. f. phys. Ch. 5, 322, 1890.
2 ) Roberts-Austen, Proc. Roy. Soc. 67 , 100, 1900.