53
Flüssigkeiten (einer Lösung von Salpetersäure und einer Lösung von
Schwefelkalium), und bewies auf diese Weise die Richtigkeit seiner An
schauung. Damals nahm man an, daß das Wasser in Säure und Base zerlegt
wird. Davy zeigte, daß diese Annahme sich nicht bestätigt, wenn reines
Wasser in einem Goldgefäß elektrolysiert wird. Die falsche Beobachtung
beruhte auf der Verwendung von Gefäßen aus Glas und ähnlichen Materialien,
die vom Wasser angegriffen wurden. Wenige Jahre später stellte Davy
zum erstenmal Alkali-Metalle dar, indem er Kali und Natron mit Hilfe des
elektrischen Stromes zerlegte. Diese Untersuchungen sind später von
Bunsen und seinen Schülern weitergeführt worden.
Diese glänzenden Entdeckungen und weitreichenden Untersuchungen
brachten Davy auf den Gedanken, daß die chemische Affinität in einer
elektrischen Ladung der Atome, die sich gegenseitig anziehen, ihren Grund
hat. Er stützte sich auf die Ansicht von Volta, wonach zwei Körper, die
in Berührung gebracht werden, mit entgegengesetzten Elektrizitäten ge
laden werden, und suchte die Quelle der elektrischen Ladungen der Atome
in einer Wirkung der Berührung. Bei der Elektrolyse werden die Atome zu
dem Pol gezogen, der das entgegengesetzte Zeichen ihrer eigenen elek
trischen Ladung hat. Durch den elektrolytischen Prozeß werden die Atome
in den ungeladenen Zustand zurückgeführt, der ihnen vor ihrer Vereinigung
eigentümlich war.
Um dieselbe Zeit (1802) veröffentlichte Berzelius seine Unter
suchungen über elektrochemische Fragen, die von ihm und Baron Hisinger
ausgeführt waren. Sie zogen aus ihren Versuchen folgende Schlüsse:
Neutrale Salze werden von dem elektrischen Strom zerlegt. Im all
gemeinen werden chemische Verbindungen vom Strom zersetzt, und ihre
Bestandteile sammeln sich an den Polen.
Zum negativen Pol wandern: Brennbare Substanzen (z. B. Wasserstoff),
Alkalien und Erden; zum positiven Pol: Sauerstoff, Säuren und oxydierte
Verbindungen. Derselbe Stoff kann in manchen Fällen zum positiven, in
anderen Fällen zum negativen Pol wandern. So geht z. B. Stickstoff bei der
Elektrolyse des Ammoniaks zum negativen Pol, bei der Elektrolyse von
Salpetersäure dagegen zusammen mit Sauerstoff zum positiven Pol. Dieser
Punkt wurde für Berzelius’ elektrochemische Ansichten von Bedeutung:
danach konnte dasselbe Atom sich bald wie ein positiv, bald wie ein negativ
geladener Körper verhalten, je nach dem anderen Atom oder den Atomen,
mit denen es verbunden ist.
Da alle Verbindungen des Sauerstoffs ihn am positiven Pol abgeben,
so betrachtete Berzelius den Sauerstoff als die negativste von allen Sub
stanzen. Nächst danach kamen Schwefel, Selen, Stickstoff, die Halogene,