Full text: Theorien der Chemie

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zoll Knallgas entwickelt waren, entsprechend 0,497 Gran. Da nun ein 
Neuntel oder 0,0552 des Knallgases Wasserstoff ist, so stehen die in den 
beiden Gefäßen ausgeschiedenen Mengen von Zinn und von Wasserstoff im 
Verhältnis 3,2:0,0552 = 57,9. Nimmt man also Wasserstoff als Einheit, so 
wird das sogenannte elektrochemische Äquivalent des Zinns 57,9. Zu Fara 
days Zeiten wurde das chemische Äquivalent des Zinns mit 58 angegeben, 
also innerhalb der Versuchsfehler gleich dem neubestimmten elektro 
chemischen Äquivalent. Es ist jetzt zu 59,4 bestimmt (Atomgewicht von 
Sn = 118,8). 
In derselben Weise bestimmte Faraday die sogenannten elektro 
chemischen Äquivalente verschiedener Stoffe, d. h. die Mengen, die durch 
ebensoviel Elektrizität ausgeschieden werden, wie die Gewichts-Einheit 
Wasserstoff. Er fand, daß die elektrochemischen Äquivalente vollständig 
den chemischen Äquivalenten entsprechen. 
Merkwürdigerweise nahm Faraday trotzdem an, wie man aus seinen 
Veröffentlichungen sieht, daß ein Strom, der schwach genug ist, durch 
einen Elektrolyten durchgehen kann, ohne ihn zu zersetzen. Tatsächlich ist 
die Zersetzung bei sehr schwachen Strömen manchmal nicht sichtbar, weil 
die Zersetzungsprodukte, z. B. Sauerstoff und Wasserstoff, sich in der 
umgebenden Flüssigkeit auflösen. Durch diese Annahme widersprach 
Faraday seinem eigenen Gesetz. Berzelius bekämpfte es energisch, er 
hielt an der Meinung fest, daß die beständigsten Verbindungen durch die 
stärksten Ladungen zusammengehalten werden. 
Eine auffallende Erscheinung bei der Elektrolyse, des Wassers z. B., 
war die, daß seine zwei Bestandteile nicht an derselben Stelle erscheinen, 
wie Nicholson und Carlisle erwartet hatten, sondern voneinander ent 
fernt, nämlich an den beiden Elektroden, die beliebig weit voneinander ab 
stehen können. Es kann uns daher nicht wundern, wenn Ritter die Idee 
aussprach, daß Wasserstoff eine Verbindung von Wasser mit negativer 
Elektrizität und Sauerstoff eine Verbindung von Wasser mit positiver Elek 
trizität ist. Aber diese Idee ließ sich mit der von Lavoisier bewiesenen 
Tatsache nicht vereinen, daß Wasser eine Verbindung von Wasserstoff und 
Sauerstoff allein ist. Deshalb formulierte Grotthuß folgende Hypothese, 
die allgemein zur Erklärung der Elektrizitätsleitung in Elektrolyten an 
genommen wurde. 
Er nahm an, daß sich die elektrolytischen Moleküle, z. B. von Chlor 
kalium, unter dem Einfluß der elektrischen Ladung der Elektroden so an 
ordnen, daß sie alle ihre positive Seite, das Kaliumatom, der negativen 
Elektrode zuwenden, und ihre negative Seite, das Chloratom, der positiven 
Elektrode (s. Fig. 8a). Die Moleküle sind in einer analogen Art geordnet,
	        
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