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Spätere wichtige Arbeiten auf diesem Gebiet sind von Nernst 1 ), Planck 2 )
u. a. ausgeführt. Wenn man in der Gleichung von Helmholtz (S. 68) T = 0
setzt, so wird W = 23070e, d. h. die Wärmeentwicklung ist ein Maß (pro
portional) der Affinität (elektrischen Arbeit). Die Thomsonsche Regel trifft
also beim absoluten Nullpunkt zu. Da die gewöhnliche Temperatur, bei
welcher wir arbeiten, nicht allzu hoch (etwa 290 °) über dem absoluten
Nullpunkt liegt, so ist es verständlich, daß auch bei Zimmertemperatur die
Wärmeentwicklung bei einer Reaktion häufig ein (angenähertes) Maß der
sich dabei betätigenden Affinität abgibt. Jede Reaktion sollte danach Wärme
abgeben. Wie Le Chatelier 3 ) hervorhebt, kommt man mit Hilfe des Prinzips
von Berthelot und Thomsen zu richtigen Schlüssen in bezug auf den
Ausfall chemischer Reaktionen in zwei Fällen, nämlich: 1. Bei Substitutions
reaktionen, wobei die Verbindungen vor und nach der Reaktion von ähnlicher
chemischer Natur sind und sich in ähnlichen Aggregationszuständen be
finden. Bei den Kältemischungen (z. B. Kochsalz und Schnee), die eine offen
bare Ausnahme von der Regel der Thermochemiker machen, beruht die
Wärmekonsumtion darauf, daß ein oder mehrere Körper aus dem festen in
den flüssigen Zustand oder aus dem flüssigen in den gasförmigen Zustand
übergehen. 2. Bei Reaktionen, an welchen sich ausschließlich feste Körper
beteiligen und feste Reaktionsprodukte entstehen. Dieser Fall kann auf den
ersten Blick weniger wichtig erscheinen, da feste Körper selten miteinander
reagieren. Aber was für die festen Körper gilt, trifft, wie Le Chatalier
bemerkt, ebenfalls bei Anwesenheit ihrer gesättigten Dämpfe oder ihrer
gesättigten Lösungen zu, da die festen Körper mit diesen in chemischem
Gleichgewicht stehen.
Folgende Beispiele werden von Le Chatelier angeführt, wobei die
Zahlen die Bildungswärme der darüber geschriebenen festen Körper aus
festem Metall und gasförmigen Halogen oder Sauerstoff in Grammkalorien
angeben:
CaJ 2
CaO
CaBr 2
CaCl 2
118 600
122000
152000
170000
Na 2 0
2NaJ
2NaBr
2NaCl
100000
148000
182000
194000
2A1J 3
2AlBr 3
2A1C1 3
A1 2 0 3
174000
264000
324000
390000
2AuCl 3
6AgCl
3PbCl 2 •
3ZnCl 2
6NaCl
6KC1
48000
174000
258000
294000
576000
630000
D Nernst, Z. f. phys. Ch. 2, 613, 1888, 4, 129, 1889.
2 ) Planck, Ann. cl. Phys. u. Ch. (3), 40, 261, 1890.
3 ) Le Chatelier, Leçons sur le carbone S. 219—222.