169) Ueber v. Waltershausen’s Theorie der Gesteinsbildung
Aus diesem Grunde und in der Ueberzeugung, dass sich die Wissen-
schaft einzig und allein nur solchen Richtungen öffnen darf, die, abge-
schen von jeder, selbst der exactesten mathematischen Form, vor Alle
auf fehlerfreien Prämissen und Schlüssen beruhen, erschien es mir nützlich
ie ihres mathematischen Gewandes entkleideten Principien, mit welche
. Waltershausen einen exacteren Weg der geologischen Naturforschun
anzubahnen hofft, mit wenigen Worten zu beleuchten.
Bekanntlich lässt sich aus jedem Gestein, das einer beliebige
Mischung von Si, R und R entspricht, eine unabsehbare Menge von be-
kannten und unbekannten Mineralkörpern berechnen, die in gewisse
Quantitätsverhältnissen zusammenaddirt, immer wieder die Zusammen-
setzung der ursprünglichen Gesteinsmasse geben, aus der man sie ab-
eitete. Solche Berechnungen, denen das Feld einer unbegrenzten Will
kür offen steht, erscheinen so lange als völlig inhaltleere Rechenexempel
als es nicht mit unzweifelhafter Gewissheit feststeht, dass die Mineral
örper, welche man auf diesem Wege aus Gesteinsgemengen berechnet
auch wirklich und zwar e&%zig und allein darin auftreten. Man pflegt
daher jetzt nur in so fern auf derartige Rechnungen noch Werth zu
legen, als sie sich auf Gesteine beziehen, die
1) nur solche Mineralsubstanzen enthalten, deren sämmtliche nament-
ich vicarirende Bestandtheile für jeden speciellen Fall zuvor durch die
Analyse ermittelt worden, die
[92] 2) aus deutlich individualisirten Fossilien bestehen, und die
3) in ihrer Dichtigkeit mit dem Mittel der den einzelnen Gemeng-
theilen entsprechenden specifischen Gewichte im Einklang stehen.
= V. Waltershausen ist bemüht gewesen, diese vor Alters sehr be-
liebt gewesene Methode von Neuem zur Geltung zu bringen, indem €
ie als den Grundpfeiler einer neuen Theorie der Gesteinsbildung hin-
stellt, dabei aber auf jene drei Controlbedingungen verzichtet, mit deren
Hülfe man bisher nur allein der bloßen leeren Rechnungsform eine physi-
kalische Bedeutung unterlegen zu können geglaubt hat.
Er betrachtet nämlich die nicht metamorphischen Gesteine der
Vulkanperiode, selbst solche, die durch kein Mittel einen Gehalt an
Magneteisen, Olivin, Augit und Feldspath erkennen lassen, ein für alle-
al nur als Gemenge von eben diesen vier Mineralsubstanzen, und zwa
aus dem einzigen Grunde, weil diese vier Substanzen vorzugsweise al
Aussonderungen in den vulkanischen Gebirgsmassen überhaupt auftreten.
Dieser ersten Prämisse fügt er noch die zweite hinzu, dass es nu
einen einzigen, aus zwei anderen entstandenen Feldspath giebt, desse
Kieselerdegehalt je nach dem Bedarf der Rechnung beliebig zwische
® und 48 pC. gewählt werden kann