Full text: Gesammelte Abhandlungen (2. Bd.)

330 Ueber die Temperatur der Flammen des Kohlenoxyds und Wasserstoffs. 
Ich lasse zum leichteren Verständniss der zu erklärenden Erschei- 
nungen einige der Beobachtungen hier folgen, welche ich zur Begründung 
des erwähnten Gesetzes bereits an einem anderen Orte publicirt habe*): 
Entzündet man ein. gleichförmiges Gemenge von Wasserstoff, Kohlen- 
oxyd und Sauerstoff, welches weniger von diesem letzteren enthält als 
zur Verbrennung eines jeden der beiden anderen Gase erforderlich ist, so 
sind drei Fälle denkbar: der Sauerstoff verbrennt ganz mit dem einen 
oder ganz mit dem andern oder mit beiden zugleich. Der Versuch zeigt, 
dass die Verbrennung beider erfolgt; der Versuch zeigt aber auch, dass 
die Mengen, welche sich der Sauerstoff von den überschüssig vorhandenen 
Gasen zur Verbrennung auswählt, in einem einfachen atomistischen Ver- 
hältniss zu einander stehen, und dass diese mit dem Sauerstoff sich ver- 
bindenden Gasmengen bei allmählicher Vermehrung eines der Gemeng- 
theile im Gemisch nicht stetig wachsen oder abnehmen, sondern in 
Intervallen plötzlich von einem einfachen [177] Atomverhältniss auf ein 
anderes einfaches überspringen. Der Sauerstoff theilte sich dabei in das 
überschüssig dargebotene Wasserstoffgas und Kohlenoxydgas in Verhält- 
nissen, die folgenden Atomzahlen der gebildeten Verbrennungsproducte 
entsprechen: 
2CO; CO: Co; Co, Co; CO, 
HO HO 2110 3H0:- ıHO- 5 AO: 
Da bisher keine einzige Verbindung von Wasser und Kohlensäure 
hat hervorgebracht werden können, so ist man genöthigt anzunehmen, 
dass sich schon zwischen den unverbundenen Atomen überwiegende, ein- 
fachen Atomenverhältnissen entsprechende Anziehungen bilden, ohne dass 
wir im Stande sind, die Bedingungen herbeizuführen, unter denen die 
jenen Anziehungen entsprechenden atomistischen Verbindungen wirklich 
zu Stande kommen, demnach die chemischen Kräfte im Stande sind 
einander benachbarte Atome, mögen diese später an der Verbindung 
theilnehmen oder nicht, schon vor der Vereinigung zu Systemen in ein- 
fachen stöchiometrischen Verhältnissen zu ordnen, nach welchen dann die 
Verbindung leichter erfolgt als nach anderen. 
Fasst man von diesen Gesichtspunkten ausgehend die Gasverbrennung 
ins Auge, so begegnet man ganz ähnliche Beziehungen. Denken wir 
uns eine Anzahl Kohlenoxyd- und Sauerstoffatome 
CO, 0; CO, 0; CO, 90; CO, 0; CO, 0;:C0,.0; 
immer höheren Temperaturen ausgesetzt, so wird ein Punkt eintreten, wo 
1) Gasometrische Methoden, S. 273.
	        
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