Full text: Lehrbuch der organischen Chemie zur Einführung in das specielle Studium derselben

1. Kohlenwasserstoffe. 
171 
in diesen Körpern die Kohlenstoffatome durch eine grössere 
Anzahl Affinitätseinheiten mit einander vereinigt sind, als in 
den gesättigten Kohlenwasserstoffen. Die Reihe der Kohlen 
wasserstoffe Cn Hin -4 äussert noch eine merkwürdige Eigen 
tümlichkeit: das Glied CioHie derselben besteht in einer 
äusserst grossen Anzahl isomerer Modificationen. Es ist ein 
leuchtend. dass für ein Molecül von so bedeutender Complica- 
tion wie CioHie eine grosse Mannigfaltigkeit der chemischen 
Structur — folglich auch zahlreiche Fälle der Isomerie — 
möglich ist; es ist jedoch schwer zu sagen, ob auf diese Weise 
wirklich die Existenz aller hier auftretenden Isomere erklärt 
werden kann, deren Unterschiede sich häufig nur in der ver 
schiedenen Wirkung auf den polarisirten Lichtstrahl äussern. 
— Vielleicht besteht für die Kohlenwasserstoffe CioHie, bei 
vollkommener Identität in der chemischen Structur, ein ge 
wisser Unterschied in den Eigenschaften — eine Erscheinung, 
die, wenn ihre Existenz bewiesen sein wird, mit Recht den 
Namen physikalische Isomerie zu erhalten (§ 47) verdient. 
113a.*) Die zahlreichen isomeren Modificationen des Koh 
lenwasserstoffs Ci o Hi g sind im Pflanzenreiche stark verbreitet 
und bilden die meisten sogenannten sauerstofffreien flüchtigen 
[aetherisehen) Oele. Diese natürlichem Kohlenwasserstoffe CioHie 
können im Allgemeinen als Terpene bezeichnet werden. Als 
die gewöhnlichsten Repräsentanten dieser Oele können beson 
ders die verschiedenen Terpentinöle, die aus verschiedenen 
Coniferen erhalten werden, dienen. Die Terpene, obgleich sie 
nach Geruch und ihrem Verhalten zum polarisirten Lichtstrahl 
bedeutend von einander verschieden sind , sind doch ge 
wöhnlich nach ihrem specifischen Gewicht (0,84 — 0,87) und 
Siedepunct (160°—180°) ziemlich ähnlich. Fast alle sind sie 
flüssig und äusserst leicht zu neuen isomeren Modificationen 
veränderlich. Daher sind auch, um die Terpene aus verschie 
denen Pflanzentheilen in unverändertem Zustande abzuscheiden, 
besondere Vorsichtsmassregeln nothwendig (Berthelot). Die 
Befähigung zur directen Vereinigung mit gesättigten Moleciilen, 
die allen ungesättigten Körpern eigen ist, tritt in den Terpenen 
nicht schroff hervor; besonders leicht vereinigen sie sich nur 
mit Chlorwasserstoffsäure, wobei, je nach der Natur des Koh- 
*) § 113a nimmt die Stelle des umgearbeiteten § 113 des Originals ein.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.