Full text: Lehrbuch der organischen Chemie zur Einführung in das specielle Studium derselben

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Allgemeine Begriffe. 
Die Anzahl der Aequivalente, welche ein Atom vorstellen, 
wird als Valenz oder Affinitätsgrösse des Atoms bezeichnet; 
so ist Sauerstoff ein bivalentes, Kohlenstoff ein quadrivalentes 
Element, Schwefel tritt in den meisten Fällen als bivalent auf 
u. s. w. Wenn man als Einheit der Affinitätsgrösse die Affi 
nität des Wasserstoffs oder anderer univalenter Körper, oder 
was dasselbe ist, dasjenige Affinitätsquantum, welches über 
haupt einem Aequivalent zukommt, annimmt, so kann man 
sagen, dass das Atom von Sauerstoff 2 Affinitätseinheiten, das 
Atom des Kohlenstoffs 4 Affinitätseinheiten besitzt u. s. w. 
Daher bewirken die polyvalenten Atome, wenn sie auf 
Atome niederer Valenz einwirken, eine Aggregation der letz 
teren zu einem Molecül; die Quadrivalenz des Kohlenstoffatoms 
bedingt z. 11. die Anwesenheit von 4 univalenten Wasserstoff- 
atomen im Molecül des Sumpfgases CEU — von 4 univalenten 
Chloratomen im Molecül CCU — von 2 bivalenten Sauerstoff 
oder Schwefelatomen in den Moleciilen der Kohlensäure CO-2 und 
des Schwefelkohlenstoffs CS2. Dieselbe Quadrivalenz des Kohlen 
stoffatoms erklärt das Bestehen der Molecüle CH3CI, CH2CI2, 
CllCla, ClENa u. a., in denen ein Theil der dem Kohlenstoff 
atom zukommenden Affinitätseinheiten auf den Wasserstoff, der 
übrige Theil auf Chlor oder Natrium einwirkt. Die Valenz 
wird entweder durch eine römische Ziffer oder durch Striche, 
die man den Zeichen eines Elements beifügt, ausgedrückt, z. B. 
IT, CI', 0", C IV . 
Wenn von den Aequivalenten der Körper die Rede ist, so 
spricht man häufig von ihren äquivalenten Quantitäten, indem 
man darunter eine gleiche Anzahl Aequivalente, oder überhaupt 
einer Verbindung die Bestandteile in demselben Gewichts- (Atom-) Ver- 
hältniss zu einander stehen müsen, in welchem sich die Gewichte der Atome 
dieser Körper zu einander befinden oder einfache Multipla jener Verhält 
nisse sind. Das chemische Molecül eines einfachen sowohl als auch eines 
zusammengesetzten Körpers erscheint dann als Aggregat verschiedener oder 
gleichartiger, chemisch vereinigter Atome, — als Aggregat, welches nicht 
anders als nur durch chemische Reactionen geteilt werden kann. Die 
Anhänger der atomistischen Hypothese verstehen unter Atom die kleinste 
(sogar chemische) unteilbare Quantität Materie, und 'unter chemischem 
Molecül die kleinste Quantität eines Stoffes, die im freien Zustande be 
stehen kann. Die Frage, wodurch die verschiedene Valenz der Atome be 
dingt wird, bleibt unentschieden.
	        
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