11. Anhydridohydrate oder unvollständige Anhydride.
511
Brenztraubensäure ist eine Flüssigkeit, deren Geruch an
Essigsäure erinnert; sie ist in Wasser, Weingeist und Aether
löslich und siedet und verdampft bei circa 165°, wobei sie
jedoch theilweise zersetzt wird. Aus derselben, wie aus Aceton
können Körper erhalten werden, deren Molecül complicirter ist,
als das der Säure selbst. Brenztraubensäure besitzt nament
lich die Fähigkeit, in eine besondere, zähflüssige, nicht flüch
tige (wahrscheinlich polymere) Modification Uberzugehen. Diese
Umwandlung geschieht, wenn sie entweder aus Salzen ausge
schieden oder in wässriger Lösung erwärmt wird.
Beim Erhitzen liefert nun diese Modification Brenzwein
säure, deren Beziehung zur Brenztraubensäure durch folgende
Gleichung versinnlicht werden kann:
Brenzwein
säure
2C3H4O3 — CO2 = C5H8O4 .
Durch Einwirkung von Baryt erhält man aus derselben
Modification neue 9 Atome Kohlenstoff im Molecül enthaltende
Säuren (F i n c k) :
TJvitonsäure Vvitinsäwre (§ 188)
C9II12O7 und CoHsCL.
Die Brenztraubensäure kann als ein den einatomigen
Säuren vergleichbarer Körper angesehen werden, in dem aber
statt einer ein Alkoholradical vorstellenden Kohlenwasserstoff
gruppe das Säureradical Acetyl steht:
Säuren Brenztraubensäure
fCnH2n + l
IfCtL I
ICO(HO)
Leo J
Man kann dieselbe ferner als Propionsäure betrachten, in
der zwei Wasserstoffatome im Aethyl durch ein Sauerstoflätom
substituirt sind:
Propionsäure Brenztraubensäure
ICH3
iCH2
|CO(HO>
Endlich kann die Brenztraubensäure als durch Austausch
eines Wasserstoffatoms gegen Acetyl aus der Ameisensäure
entstanden gedacht werden:
ICH3
^CO
lCO(HO)