Full text: Lehrbuch der organischen Chemie zur Einführung in das specielle Studium derselben

3. Amide oder Ammoniakderivate der Oxykohlenwasserstoffradicale. 557 
einer einbasischen Säure*). Andrerseits kann der Wasserstoff 
der Amide bei Einwirkung von Metalloxyden gewöhnlich ziem 
lich leicht substituirt werden (im Acetamid z. B. durch Queck 
silber, Silber). Zuweilen können sich die Amide auch mit 
Metallsalzen vereinigen, wodurch Salze vom Typus der Am 
moniumverbindungen entstellen, die an Stelle eines Theils 
Wasserstoff Metall enthalten. 
Beim Erwärmen mit Wasser, und beAnders bei Mitwirkung 
von Alkalien, erleiden die Amide eine Umwandlung , die ihrer 
Entstehung aus Ammoniaksalzen gerade entgegengesetzt ist: 
durch Wasseraufnahme gehen sie in diese Salze über, die 
natürlich, wenn ein Alkali zugegen ist, Ammoniak ausscheiden 
und in das Salz des in diesem Alkali enthaltenen Metalls über 
gehen. — Wenn umgekehrt Wasser absorbirende Substanzen (z.B. 
Phosphorsäureanhydrid) auf Amide einwirken, zuweilen aber 
auch, wenn trockene Amide für sich erwärmt werden, so ver 
lieren sie Wasser, welches sich auf Kosten des Sauerstoffs der 
im Säureradieal enthaltenen Gruppen CO bildet. Das Resultat 
einer solchen Umwandlung sind die sogenannten Nitrile (s. §267), 
die nichts anderes vorstellen, als besondere Cyanverbindungen 
derjenigen Kohlenwasserstoffgruppen, mit denen in der Säure 
die Gruppe 0 verbunden war. Auf diese Weise ist Essig 
säurenitril {Acetonitril) — Cyanmethyl, Propionsäurenitril {Pro- 
pionitril) = Cyanäthyl u. s. w. Ebenso erscheint Cyanwasser 
stoff (Blausäure) CNH als Nitril der Ameisensäure (Fonno- 
1CN 
mtril), und Cyan als Oxalsäurenitril. 
*) Dieser Umstand weist vielleicht darauf hin, dass die Stickstoffatome 
im Harnstoff unsymmetrisch vertheilt sind, und dass er, wie einige Che 
miker glauben, kein eigentliches Carbamid vorst<jüt. I11 der Tliat kann der 
empirischen Formel CH4N2O, in welcher die Stickstoffatome vermittelst des 
Kohlenstoffatoms verbunden sind, nicht nur die Structur ^ j N2, sondern 
H }N 
auch die Structur [C(HO)] w ! entsprechen. Nimmt man aber die un- 
H> \ N 
mittelbare gegenseitige Bindung der Stickstoffatome in dem Harnstoff'mole- 
CO 
cül an, so kann demselben noch die Structur (IHN) AN zugeschrieben wer- 
H 
den tvgl. § 251 in d. Anmerk.)
	        
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