8. Diazoverbindungen.
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und verleiben ihm einen bestimmten chemischen Character.
Aus Amidosäuren (Benzalanin, Antbranilsäure u.a.) entstehen auf
diese Weise Diazosäuren d. h. Moleclile, in denen der Säure
wasserstoff noch zugegen ist; aus Nitranilin oder nitrirten
Amidosäuren bilden sich Nitrodiazobenzol und Nitrodiazosäuren;
aus Haloidderivaten in Zusammensetzung mit Ammoniakrest
werden Diazoderivate erhalten, in denen ein Theil des Wasser
stoffs durch Haloid vertreten ist u. s. w. — Ferner kann auch
doppelt so viel Wasserstoff als bei der Bildung der Diazoderi
vate durch zwei Atome Stickstoff substituirt werden, wenn der
der Umwandlung unterzogene Körper mehr als einen Ammo
niakrest enthielt. Auf diese Weise können Telrazo- oder rich
tiger Didiazoderivate entstehen.
Chemische Structur der Diazokörper.
282a, Nur in verhältnissmässig seltenen Fällen wird ein
amidirtes (einen Ammoniakrest IUN enthaltendes) Molecül in das
für sich bestehende Molecül von Diazoderivat verwandelt. Ge
wöhnlich bildet sich ein complicirterer Körper, welcher nach
seiner empirischen Zusammensetzung als Verbindung des Diazo-
derivats entweder mit einem Molecül vom unveränderten Amido-
körper oder mit irgend einem anderen Molecül angesehen wer
den kann. Der erstere Fall kann z. B. für Anilin und Amido
benzoesäure u.s. w. eintreten, welche unter gewissen Bedingungen
sogenanntesDiazoamidobenzol C42H11N3 = C6H4N2 + C0H7N und
Diazoaniidobenzo'esäure C1-1H11O4N3 = C7II4O2N2 -f- C7H7O2N
liefern. Dem zweiten Falle entsprechen, ausser dem oben
erwähnten Salpetersäurediazobenzol, saures Schwefelsäurediazo-
benzol CeHfiNaSCk = C6H4N2 -j- SH2O4, Salpetersüurediazoben-
zoesäure C7H5N3O5 = C7H4N2O2 ■+- NHO3 u. s. w. Wollte man
diese complicirteren Körper als Aneinanderlagerung zweier Mo-
leclile betrachten, wie dies die soeben angeführten Gleichungen
vorstellen, so bliebe es unerklärt, warum die darin enthaltenen
Diazomolecüle sich nicht isoliren lassen.
Diese und andere Erwägungen haben Kekule zu folgender
Hypothese über die Structur der Diazokörper geführt: in densel
ben hängt die aromatische Kohlenstoffgruppe vermittelst nur einer
Affinitätseinheit mit der zweiatomigen Gruppe (N2)" zusammen
und letztere bindet mit ihrer zweiten Affinitätseinheit einen ande
ren Rest in der Weise, dass diese zweite Stickstoffaffinitätseinheit