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Einiges über die chemische Bedeutung verschiedener
halten zeigt deutlich, dass vorhandener Sauerstoff den Charac
ter des Haloids beeinflusst. Andererseits übt die Art und Weise
der chemischen Gruppirung des Kohlen- und Wasserstoffs in
haloidhaltigen sauerstofffreien Molecülen ebenfalls einen Ein
fluss auf das Verhalten des Haloids; Beweise hierfür giebt es
genug. Das Chlor der den normalen (Aethyl-, Amyl-) Alko
holen gehörenden Chloranhydride lässt sich beim Erwärmen
mit Wasser nur langsam und schwierig gegen einen Wasser
rest vertauschen, während das Chloranhydrid des Trimethyl-
carbinols (des tertiären Butylalkohols) unter denselben Be
dingungen leicht und rasch in den Alkohol übergeht. Die in
den Haloidderivaten der aromatischen Kohlenwasserstoffe ent
haltenen Haloidatome können je nach ihrer Lage entweder
leicht (z. B. im CoHo(CH2Cl)) oder fast gar nicht (wie im CcHiCl
(CH3)) ausgetauscht werden.
Die allgemeinen Methoden, wie Halo'ide in organische Kör
per hineingefiihrt werden, sind dem Leser bereits bekannt
(§§ 119 und 202), es verdient jedoch besonders hervorgehoben
zu werden, dass bei aller zwischen Chlor und Brom bestehen
den chemischen Aehnlichkeit ihre substituirende Wirksamkeit
nicht immer dieselbe ist. Obgleich allgemeine Schlüsse hier
einstweilen kaum möglich sind, so lässt sich doch behaupten,
dass die Resultate des Chlorirens und des Bromirens nicht nur
in einer regelmässigen Abhängigkeit von der chemischen Ver-
theilung der Wasserstoffatome (davon, welche isomere Varietät
der Reaction unterworfen wird), sondern auch dass die Sub
stitution dieser oder jener Wasserstoffatome, beim Chloriren
oder Bromiren eines und desselben Körpers, einerseits durch
die Natur des Haloids, andrerseits durch die Art und Weise,
auf welche die Reaction vor sich geht, bedingt wird. Ausser
den schon früher (vgl. §§ 119 a und 121) erwähnten Thatsachen
sei hier noch angeführt, dass einfachgebromtes Broviisopro-
pyl und Bibrompropylen identisch sind, doch kann man bei
starkem plötzlichem Bromiren von Bromisopropyl dreifachge-
bromtes Bromisopropyl erhalten, und dieses Product stellt sich
als isomer, aber nicht als identisch mit zweifachgebromtem Di
brompropylen heraus.
Besondere Aufmerksamkeit verdient der Umstand, dass,
obgleich die jodsubstituirten Producte auch den chlor- und
bromsubstituirten analog sind, sich ihre Entstehungsweisen