Full text: Lehrbuch der organischen Chemie zur Einführung in das specielle Studium derselben

elementarer Atome im Molecül der Kohlenstoffverbindungen. 721 
bestimmter chemischer Structur bis zu einem gewissen Grade 
voraussehen. — Bei weiterer Ausarbeitung werden solche Ver 
allgemeinerungen ohne Zweifel eine festere Grundlage, eine 
bestimmtere Form gewinnen, und werden zuletzt mit Recht den 
Kamen von Gesetzen verdienen. 
Die zunächst stehende Aufgabe, das Auffinden aller theo 
retisch möglichen Fälle von chemischer Combination der Atome 
zu einem Molecül, wobei nur die Valenz der Elemente in Be 
trachtung kommt, ist rein schematisch. Sie kann (wenigsténs 
für die weniger complicirten Molecüle) ziemlich einfach z. B. 
dadurch gelöst werden, dass man als'Ausgangspunct einen 
bestimmten Kohlenwasserstoff in allen seinen isomeren Varietäten 
wählt, und für jede dieser Varietäten alle möglichen Substitu 
tionsfälle des Wasserstoffs, anfangs durch Elementaratome, dann 
durch verschiedene kohlenstofffreie Reste und endlich durch 
immer complicirter werdende Radicale annimmt. Es versteht 
sich von selbst, dass man bei der Anwendung eines solchen 
Kunstgriffs jedes Mal auf die durch die erhaltene Formel aus- 
gedrückte chemische Structur genau achten muss, um Fehler 
zu vermeiden, und um nicht Formeln, welche durch verschie 
dene Substitutionsweisen entstanden sind, im Grunde genommen 
aber Molecüle von identischer Structur vorstellen, für wirklich 
verschiedene Structurfälle zu halten. Durch die Wahl geeig 
neter Reactionen kann man ferner zur-Verwirklichung jener 
Molecüle zu gelangen suchen, deren Structurformeln zuvor ge 
funden, die aber noch unbekannt sind. Ohne Zweifel wird man 
hierbei auf viele derartige Molecüle stossen, die nach den Prin 
cipien der Atomigkeit und chemischen Structur existenzfähig 
erscheinen, die aber in Wirklichkeit nicht bestehen können 
(vgl. §§ 46 und 49). Aus diesen Fällen des Nichtbestehens 
können natürlich, bei genügender Menge gesammelter That- 
sachen, neue Verallgemeinerungen und Gesetze abgeleitet wer 
den. Dies scheint eine der wichtigsten Aufgaben der Chemie 
zu sein, deren Lösung ihr in nächster Zukunft obliegt. 
Butlero w. 
46
	        
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