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Entwickelungsphasen der theoretischen Chemie.
Gesetze den Sinn der Erscheinungen verdunkeln, ist es ange
messener, den neuen Gesetzen, welche durch die organische
Chemie selbst gefunden wurden, den Vorrang einzuräumen.
Gepaarte Verbindungen.
Zur Zeit dieser Kämpfe erzeugte das Bestreben, den Dua
lismus aufrecht zu erhalten, neue Begriffe: es wurde angenom
men, dass gewisse, hauptsächlich anorganische Stoffe von cha-
racteristischen chemischen Eigenschaften, sich mit verschiedenen
organischen Körpern, die keinen ausgesprochenen chemischen
Character haben, vereinigen können, und dass hierbei die er-
steren ihre Haupteigenschaften beibehalten. So nahm man z. B.
an, dass Ammoniak, sich mit organischen Stoffen vereinigend,
Alkalien bilde, dass Schwefelsäure und Oxalsäure auf ähnliche
Weise Säuren gäben. Organische Körper, wirklich bestehende
oder hypothetische, die mit Ammoniak, Säuren oder andern
vereinigt gedacht wurden, wurden Paarlinge — und die aus
solchen zwei Bestandtheilen bestehend gedachten Verbindungen
gepaarte Verbindungen genannt. Sonderbar war es, dass diese
Idee, die hauptsächlich von Berzelius verfolgt wurde, die
Anhänger des Dualismus mit der Substitution aussöhnte, und
die Substitution in Paarlingen wurde alsbald von Allen für
möglich anerkannt.
Theorie der Reste.
54. Mittlerweile wurden die Substitutionserscheinungen im
mer zahlreicher, und das Verständniss derselben erweiterte sich
mehr und mehr. Dumas wies darauf hin, dass die Elemente
organischer Körper nicht nur durch andere Elemente, sondern
auch durch zusammengesetzte Gruppen, die in solchen Fällen
den Elementen vergleichbar sind, substituirt werden können,
und ganz richtig zusammengesetzte Radicale genannt worden
sind; Gerhard aber betrachtete derartige Substitutionsfälle
anders. Er sprach die Idee aus, dass bei der Complication
der Körper durch Substitution einfache Atome nicht durch zu
sammengesetzte für sich bestehende Stoffe, sondern eher durch
Beste derselben vertreten werden, — dass bei der Wechsel
wirkung zweier Körper sich aus beiden gewisse einfache Be-
staudtheile, die sich mit einander vereinigen, ausscheiden, und
die zusammengesetzten Reste der beiden reagirenden Stoffe