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Namen unorganischer Stoffe
Eine Federmesserspitze Natriumsuperoxyd werde in einem trocknen,
staubfreien Probierglase mit zwei Tropfen konzentrierter Schwefelsäure
übergossen. Es tritt heftiges Aufschäumen ein; ein glimmendes Streich
holz, das mit einer Pinzette in das entweichende Gas eingeführt wird,
flammt auf: es ist also Sauerstoff frei geworden.
Na 2 0 3 + H 2 S0 4 = Na 2 S0 4 + H 2 0 + 0
Ein Probe Natriumsuperoxyd werde nach und nach in etwas kaltes
Wasser eingeschüttet und dadurch gelöst. Trägt man das Natrium
superoxyd schnell in Wasser ein, so erwärmt sich die Mischung stark,
und es entweicht reichlich Sauerstoff. Von der gewöhnlich etwas trüben
Lösung werde die Hälfte zu etwas Bleiacetatlösung, die andere Hälfte
zu etwas Mangansulfatlösung gegeben. Es bilden sich dichte, schwarz
braune Niederschläge von wasserhaltigem Bleidioxyd und Mangandioxyd.
Pb(C 2 H 8 0 2 ) 3 + Na 2 0 2 = 2Na(C a H 3 0 2 ) + Pb0 2
MnS0 4 -f- Na 2 0 2 = Na 2 S0 4 -j- Mn0 2
Natriumsuperoxyd ist ein bequemes Oxydationsmittel für Oxy
dationen in alkalischer Lösung.
Namen unorganischer Stoffe
ln der unorganischen Chemie liegt für den Lernenden eine besondere
Schwierigkeit darin, daß oft ein und derselbe Stoff verschiedene Namen trägt.
Diese zu verschiedenen Zeiten entstandenen Namen entsprechen den theoretischen
Anschauungen dieser Zeiten. Der zu Anfang des vorigen Jahrhunderts geltenden
und namentlich von Berzelius vertretenen Anschauung zufolge unterschied man
die basisch wirkenden Oxyde der Metalle („Eisenoxyd“ Fe 2 O s ; „Kupferoxyd“ CuO;
„Kali“ K 2 0; „Natron“ Na 2 Ö) und die bei einer, Reihe von Metallen neben den
Oxyden vorkommenden, sauerstoffarmeren und ebenfalls basisch wirkenden
Oxydule („Eisenoxydul“ FeO; „Kupieroxydul“ Cu 2 0; „Quecksilberoxydul“ Hg 2 0)
von den sauer wirkenden Oxyden der Nichtmetalle („Kohlensäure“ C0 2 ; „Schwefel
säure“ S0 3 ; „Salpetersäure“ N 2 0 5 ). Man nannte diejenigen Stoffe „Säuren“,
die wir jetzt „Säureanhydride“ nennen. Die Salze faßte man als Zusammen -
lagerungsprodukte von „Säure“ und Metalloxyd auf und nannte sie dem
entsprechend :
„Schwefelsaures Kupferoxyd“ SO s + CuO — CuSO,
„Kohlensaures Natron“ C0 2 -f Na 2 0 = Na 2 C0 3
„Schwefelsaures Eisenoxydul“ SO s -f- FeO = FeS0 4 .
Für die Halogenwasserstoffsäuren, die keine Anhydride bilden, paßte diese
Anschauung nicht; ihre Salze wurden als besondere Klasse von Salzen, nämlich
als „Halogensalze“ abgegrenzt.
Natriumhydroxyd NaOH nannte man „Natronhydrat“, um auszudrückm,
daß es durch Wasseranlagerung an „Natron“ Na 2 0 entstanden sei. Daraus wurde
in späterer Zeit der eines Sinnes entbehrende Name „Natriumhydrat“, der sieb
jetzt kaum mehr vorfindet.
Als man gegen Ende der dreißiger Jahre des verflossenen Jahrhundert«
mit Liebig die Salze als Substitutionsprodukte der Säuren aufzufassen begann,
wurden in der Folgezeit auch die Namen der Salze entsprechend geändert. Man
ließ die Bezeichnung „oxyd“ und „oxydul“ fort. Für die ersten beiden der oben
genannten Salze kamen also die Namen
„Schwefelsaures Kupfer“ „Kohlensaures Natrium“