Theorie des Auflösens und Füllens
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Dadurch, daß wir die in der Lösung als Ionen vorhandenen Stoffe als
Ionen schreiben, erhält diese Gleichung folgendes Aussehen:
2. H- -f CF + Ag* + N0/ = AgCl + H' + N0 3 '
In dieser Gleichung kommen H’ und N0/ auf beiden Seiten vor; sie
können also fortgelassen werden. Dadurch wird die Gleichung auf folgende
einfachere Form gebracht:
3. CF + Ag- = AgCl
Sie besagt jetzt: wenn in einer Lösung gleichzeitig Chlorionen und Silber
ionen vorhanden sind, so bleiben sie nicht als solche bestehen, sondern sie ver
einigen sich zu Silberchlorid.
Diese neue Ionengleichung ist aber nicht nur einfacher, sondern auch
viel allgemeiner. Sie besagt, daß nicht nur Chlorwasserstoff, sondern daß
irgendein beliebiges Chlorid (NaCl, KCl, CaCl 2 ) — vorausgesetzt, daß es beim
Auflösen in Wasser Chlorionen bildet — mit irgendeinem beliebigen Silbersalze
(AgN0 3 , Ag 2 S0 4 ), dessen wäßrige Lösung Silberionen enthält, sich unter Silber
chloridbildung umsetzt.
Für den Lernenden ist es am zweckmäßigsten, von jeder Umsetzung, so
wie es in diesem Buche getan ist, zunächst die Reagenzien-Umsetzungsgleichung
aufzustellen, die der einzelnen von ihm praktisch ausgeführten Um
setzung entspricht; und dann erst aus dieser die allgemeiner geltende Ionen
gleichung herauszuschälen, wie es am Beispiele der Silberchloridfällung eben
geschehen ist. Erst der Geübte ist imstande, lonengleichungen ohne weiteres
richtig anzusetzen.
Theorie des Auflösens und .Füllens
Nach der Molekeltheorie besteht das Auflösen eines Stoffes in einem
anderen Stoffe darin, daß sich seine Molekeln voneinander trennen und zwischen
die Molekeln des anderen Stoffes schieben; die Trennung der Molekeln beim
Auflösen ist ihrer Trennung beim Verdampfen analog.
Manche Stoffe lösen sich in bestimmten, anderen Stoffen in unbegrenzter Menge
auf; so Alkohol in Wasser („völlige Mischbarkeit“). Die Mehrzahl der Stoffe löst
sich aber nur bis zu einer bestimmten Maximalkonzentration auf. Eine Lösung,
die in Berührung mit einem Überschüsse des in Lösung befindlichen
Stoffes nichts mehr von ihm aufnimmt, heißt „gesättigt“; verdünntere Lösungen
als die gesättigte Lösung heißen „ungesättigt“; konzentriertere, die man unter
gewissen Bedingungen auch herstellen kann, heißen „übersättigt“. Ungesättigte
und übersättigte Lösungen sind in Gegenwart eines Überschusses vom gelösten
Stoffe nicht beständig: erstere nehmen von ihm auf, letztere geben an ihn ab,
bis sich das der gesättigten Lösung entsprechende Gleichgewicht zwischen
ungelöstem Stoffe und Lösung hergestellt hat. Unter „Löslichkeit eines |
Stoffes“ versteht man die Anzahl Gramme des Stoffes, die mit 100 g Lösungs
mittel eine gesättigte Lösung geben. In den meisten Fällen steigt die Löslich
keit mit der Temperatur. ,
Komplizierter sind die Verhältnisse, wenn der gelöste Stoff in der Lösung
in Ionen zerfällt. Es besteht dann einmal ein Gleichgewicht zwischen dem
ungelösten Stoffe und seinem gelösten, aber nicht ionisierten Anteile, und
weiterhin ein zweites Gleichgewicht zwischen diesem und seinen Ionen; das
zweite Gleichgewicht wird durch das Massenwirkungsgesetz beherrscht.
Nehmen wir als einfachsten Fall einen binären Elektrolyten und bezeichnen
die Konzentration, in welcher der ungespaltene, gelöste Elektrolyt in der ge
sättigten Lösung enthalten ist, mit c, so gilt
a • b = K • c