375 — Bestimmung der Schiefe der Ekliptik u. ihrer sekul. Variation. — 97
Das Jahr 1500 als Epoche wählend, setzte ick nun die ihm entsprechende
Schiefe gleich 23° 30' + a, berechnete die t = n — 1500 und Ae = t — 23° 30',
schrieb nun für alle 16 Paare von Werten die Gleichung
A t — a ~j- b • t -j- c • t* 3
auf, und erhielt sodann nach der Methode der kleinsten Quadrate
a = 26",755 b = — 0",48060 c = 0,0000 22528
sowie mit diesen Werten nach 3 rückwärts die in die Tafel eingetragenen At‘,
deren mittlere Differenz von den At nur auf ±10",2, ja bei Ausschluss der
etwas unsichern Nro. 7 sogar nur auf ± 10",6 ansteigt, womit man in Betracht
der zum Teil etwas rohen Werte von £ sehr zufrieden sein, ja die Schlussformel
£ = 23° 30' 26",755 — 0",48060 • t + 0",0000 22528 • t 2 4
als ziemlich wertvoll bezeichnen kann. Für die Epochen 1750 und 1800 oder
für t = 250 + t' = 300 + t" ergiebt sie
£ ' = 23° 28' 28",00 — 0",46934 • t' + 0",0000 22528 • t' 2
f " = 23 28 14 ,58 — 0 ,46708 • t" + 0 ,0000 22528 • t" 2 Ä
und wenn nun auch die in 609 für diese Epochen nach Bessel und Struve-Peters
gegebenen neuen Formeln für Bestimmungen in der Nähe derselben weit vor
züglicher als die meinige sein mögen, so stellt diese dagegen den ganzen
Charakter der Variabilität von £ genauer dar, indem sie darauf binweist, dass
die gegenwärtige Abnahme später wieder in Zunahme übergeben wird, ja das
zu erwartende Minimum annähernd zn bestimmen erlaubt. Da nämlich aus 4
d £ : d t = — 0,48060 + 0,0000 45056 t, d 2 £ : d t 2 = 0,0000 45056 «
folgt, so hätte ein solches Minimum für t = 10666 oder etwa im 122. Jahr
hundert n. Chr. einzutreffen und würde noch 22° 48' betragen, was dem (191)
von Lagrange (allerdings schon für das Jahr 6000) erhaltenen Minimalwerte
22° 54' unerwartet nahe kömmt.
3 M 6. Mauerquadrant, Mauerkreis und Mittagsrohr. —
Dass Beobachtungen der Gestirne zur Zeit ihrer Culmination für
viele Zwecke besonders vorteilhaft, und somit Quadranten oder Voll
kreise,' welche an einer in die Mittagsfhiche fallenden Mauer fest
liegen , sehr nützlich sein dürften, wurde schon durch Ptolemäus
erkannt rt , — namentlich aber konstruierten Abul Wefa, Nassir-Eddin,
etc., vielfach Instrumente dieser Art und auch in die Sternwarten
der Wilhelm und Tycho fanden dieselben alsbald Eingang c . Als so
dann Picard die Diopter mit Fernrohren vertauschte, ergaben sich
in der That auf diese Weise ganz brauchbare Culminationshöhen,
während die Culminationszeiten wegen der kurzen Drehaxe des
Visiermittels nicht mit entsprechender Genauigkeit erhältlich waren,
und dies veranlasste nun Römer, den Mauerkreisen ein speciell
zu Zeitbestimmungen taugliches Instrument, das sog. Mittagsrohr
(Passageninstrument), zu coordinieren, bei welchem sich das Fern
rohr um eine lange und beidseitig gestützte Horizontalaxe drehte* 1 .
Diese beiden Instrumente wurden nunmehr unter Verwendung zweier
Beobachter bei anderthalb Jahrhunderte mit bestem Erfolge neben
Wolf, Handbuch der Astronomie. II. 7