322
— Die sog. Rührenlibelle. —
9
zur allgemeinen Kenntnis brachte“. — Für die Theorie der Libelle
auf die folgenden Kümmern verweisend, habe ich noch beizufügen,
dass die erwähnte Verdrängung keineswegs sofort statt hatte, sondern
das neue Hilfsmittel anfänglich mit einigem Misstrauen aufgenommen
wurde, zumal seine Ausführung ziemlich lange höchst unvollkommen
blieb 6 . Erst als es nach und nach gelang, letztere wesentlich zu
verbessern c , fand die Libelle mehr und mehr Eingang, und man
kann etwa den Anfang des gegenwärtigen Jahrhunderts als die Epoche
bezeichnen, zu der sie sich unter den Präeisionsinstrumenten ein-
bürgerte und zu einem der vielgebrauchtesten Hilfsapparate wurde <? .
Zu :I22: a. Als ich 1857 im Journal des Savans (1666 XI 5) eine Repro
duktion des längst vergessenen Schriftcbens auffand, glaubte ich dasselbe, und
damit die Erfindung der Libelle, aus verschiedenen Gründen (vgl. Zürch. Viert.
1857) dem in Paris lebenden Mechaniker Chapotot zuschreiben zu sollen. Da
jedoch der anonyme Verfasser erwähnt hatte, er habe seine Erfindung der
Roy. Society und der Akademie in Florenz mitgeteilt, so erliess ich später
(Bull. Bonc. 1869), um ganz sicher zu gehen, noch eine öffentliche Aufforderung,
zunächst in Florenz, betreffende Nachforschungen anzustellen, — in London
war kaum etwas zu erwarten, da nach andern Vorkommnissen anzunehmen
war, es habe Hooke die Mitteilung abgefangen, um sich dann alsbald (wie es
auch wirklich geschah) selbst als Erfinder produzieren zu können. Dieser Auf
ruf hatte die gute Folge, dass sich Prof. Govi für die Sache interessierte, den
erwähnten Brief auffand und überhaupt die wirkliche Urgeschichte der Libelle
definitiv feststellte (vgl. Bull. Bonc. 1870 und Zürch. Viert. 1871). Überdies
gelang es dem unermüdlichen Boncompagni, das Originalschriftchen aufzufinden;
auch zeigte sich, dass die Chapotot von seinen Zeitgenossen zugeschriebene
und mich irre führende Erfindung in einer neuen Abart des damals für „nivelle
ments à distance“ beliebten, jetzt mit Recht längst vergessenen „Niveau
pendule“ bestand. — b. Die Hauptstelle des Schriftcbens von Thévenot lautet
wie folgt: „C’est un niveau tl’air beaucoup plus juste et plus commode que
les niveaux ordinaires. La construction en est aisée: On choissit un tuyau
de verre qui ayt les costez paralleles, dont le diamètre puisse recevoir le
petit doigt et qui soit environ sept ou huit fois plus long que large. Après
avoir fermé ce tuyau par un des bouts, on y met quelque liqueur, et ayant
laissé un peu moins de vuide dans le tuyau qu’il n’a de diamètre, on le bouche
ou le scelle par le feu. De toutes les liqueurs l’esprit de vin est le plus
propre pour cet instrument, parce qu’il ne fait point de sédiment et qu’il ne
gèle jamais.“ Man sieht hieraus, wie unrichtig, ja lächerlich die in „Guido
Schreiber (Rastatt 1799 geh. ; Prof, prakt. Geom. Karlsruhe bis 1851, wo er ent
lassen wurde), Praktische Geometrie. Karlsruhe 1842 in 4.“ enthaltene Notiz
ist: „Anfänglich nahm man Wasser zum Füllen der Röhre, und so lag die Ideen
verbindung nahe Es flattert um die Quelle — Die wechselnde Libelle (Göthe), —
daher denn der Name des Instrumentes“. Ferner ist anzuführen, dass die von
Thévenot beigegebene Kupfertafel nicht nur die Libelle mit einer begrenzten
und relativ kleinen Blase darstellt, somit die Angabe vollständig widerlegt,
es habe erst Hooke den leeren Raum in dieser Weise reduziert, — sondern
auch eine gefasste Libelle zeigt, sowie ihre Anwendung auf Höhenquadrant,
Nivellierinstrument, etc. andeutet. Dagegen scheint allerdings die mechanische