412
Die ältesten Angaben über die Grösse der Erde.
167
einer seiner Oden mit den Worten „Te maris et terrae, numeroque carentis
areme mensorem cohibent, Archyta“ verewigte, so ist wohl anzunehmen, dass
dieser in irgend einer Weise den Erdumfang ermittelt, und sieh Aristoteles
bei seiner Angabe (in „De coelo“; ed. Prantl p. 183), es betrage nach Be
rechnung der Mathematiker der Umfang der Erde etwa 400000 Stadien ''was
allerdings ein Stadium von nur 100 statt 184 m voraussetzen würde), zunächst
auf ihn gestützt habe. — Einer wenig spätem, etwa mit Aristarch korre
spondierenden Zeit, scheint Kleomedes in seiner Schrift „De mundo“ zu ge
denken, wenn er erzählt: „Denen die in Lysimachia (Thrakien) wohnen, steht
der Kopf des Drachen über dem Scheitel, in Syene aber steht der Krebs im
Zenit; der Raum zwischen dem Drachen und dem Krebs ist aber (wie auch
der Gnomon zeigt) der 15. Teil des Meridianes von Lysimachia und Syene (im
Mittel aus dem Deklinationsunterschiede */, a und dem Breitenunterschiede 1 20 \
die 20000 Stadien von einander entfernt sind, so dass der ganze Kreis 300000
Stadien enthält“; denn Archimedes sagt in seiner Sandrechnung (Peyrard
34‘J) ausdrücklich, man habe zeigen wollen, dass der Erdumfang 30 Myriaden
Stadien halte.
413. Die Bestimmungen von Eratosthenes und Posi
donius. — Die ersten Griechen, von welchen man ziemlich sicher
weiss, dass sie zur Ermittlung des Erdumfanges richtige geometri
sche Grundsätze und wenigstens zum Teil wirkliche Messungen
anwandten, waren Eratosthenes und der etwas spätere Posidonius ",
lind es bildet für mich der den Grundsätzen der Erfahrungswahr
scheinlichkeit konforme Umstand, dass der wirkliche Erdumfang
nahe in die Mitte zwischen die von ihnen erhaltenen Extreme von
252000 und 180000 Stadien fällt, ein starkes Argument für die von
einzelnen angezweifelte Realität ihrer Bestimmungen b .
Zu 41 3 : a.] DieTunter vorhergehender Nummer nach Kleomedes): ge
schilderte Methode der’Erdmessnng stimmt einigermassen mit derjenigen über
ein, welche nach demselben Gewährsmanne Eratosthenes benutzte; aber immer
hin deuten die Angaben über die Bestimmung dieses letztem viel sicherer auf
wirkliche Messung|hin. Derselbe soll nämlich erfahren
haben, dass sich in| Syene (dem .heutigen Assuan in
° Ober-Egypten) die Sonne am längsten Tage in einem
tiefen Brunnen spiegle oder also dort um Mittag im
Zenite stehe, während er durch Messung fand, dass in
Alexandrien die kleinste Zenitdistanz der Sonne (vgl.
57: c) etwa « = y 50 des.Kreises sei; da er nun überdies
aus den Angaben der königlichen Wegmesser wusste, dass Alexandrien etwa
5000 Stadien nördlich [von Syene liege, so schloss er^folgerichtig, dass der
Erdumfang circa 50 x 5000 = 250000 Stadien betragen werde, — eine Zahl,
welche späteUauf 252000 erhöht wurde, weil dadurch für einen Grad des Erd-
meridianes sich|die runde Zahl von£700 Stadien ergab. — An die Genauigkeit
dieser Bestimmung darf man offenbar keine zu grossen Anforderungen stellen;
aber wenn mau der Länge des griechischen Stadiums den üblichen Wert von
184 m ,97 beilegt, so folgt für den Erdumfang der Wert von 250000 x 184,97 =
4G242500 m , und da kann man sich dennoch fragen, wovon der für eine wirk-