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— Die Vorgeschichte der Refraktionstheorie. —
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richtet hatte, fing er mit einem Lotfaden den nach 0' gelangenden Sonnen
strahl anf, — bestimmte dann den senkrecht über 0' liegenden Punkt S' der
Ekliptik, — drehte nunmehr den Breitenkreis von N' nach S', also auch nach S,
— und verglich schliesslich diese neue Lage mit der durch die Venus V füh
renden, wodurch er in der That, wenigstens innerhalb der durch die Operations
felder bedingten Grenzen, den Einfluss der Refraktion eliminiert hatte. —
e. Landgraf Wilhelm und Tycho konferierten wiederholt miteinander über die
Refraktion, und gelangten
Höhe
Sonne
Wil- „ .
heim ; Tycb0
M o u d
Tycho
Ste
Wil
helm
rne
Tycho
Wirkliche
Refraktion
0°
34' 0“
33' 0“
ö
ö
ec
34' 54
5
0' 35“
14 30
14 20
9' 35“
10 0
9 46
10
4 5
10 0
10 45
3 50
5 30
5 16
15
2 0
7 30
8 0
1 35
3 0
3 32
20
1 0
4 30
5 30
0 45
0 0
2 37
25
0 35
0
CO
01
3 20
0 20
2 3
30
0 10
1 25
1 40
0 0
1 40
45
o
o
0 5
0 0
0 58
Beide auf empirischem Wege
dazu, erste Refraktionstafeln
zu erstellen, ivelche aller
dings noch sehr unvollkommen
waren, wie das nebenstehende
Specimen zeigt, in welchem
zur Vergleichung die jetzt
acceptierten Werte beigefügt
sind. — Über die Kasseler
Bestimmungen sagte Roth-
mann (vgl. Mitth. 45): „Wir
haben aus vielen Beobach
tungen gefunden, die Refrak
tion reiche bei heller Witte
rung nur bis zum 30. Grad, bei nebliger und nissiger Luft (Höhenrauch) aber
darüber hinaus, und sie ändere mit dem Zustande der Atmosphäre. Um aber
ihren Betrag in den einzelnen Höhengraden zu finden, beobachteten wir nicht
nur Fixsterne, sondern auch die Sonne. Wir berechneten für bestimmte Azi
mute mit Berücksichtigung der Parallaxe (Q — 3' nach Hipparch setzend) und
der Änderung der Deklination die Höhen der Sonne (wegen Q zu klein), und
verglichen diese mit den beobachteten, woraus sich die Refraktion (also zu
gross) ergab. Hierauf prüften wir die Sache an den Fixsternen durch Distanz
beobachtungen mit dem Sextanten in verschiedenen Höhen, etc.“ Obschon aber
somit in Kassel eine richtige Methode befolgt wurde, waren die erhaltenen
Werte noch so mangelhaft, dass sie nicht einmal die falsche Annahme für Q
deutlich erkennen Hessen. — Tycho war auf den Einfluss der Refraktion zu
nächst dadurch aufmerksam geworden, dass er aus den beiden Culminationen
des Polarsternes immer eine bei 4' grössere Polhöhe als aus den beiden Sol-
stitialhöhen der Sonne fand, wie dies wirklich ohne Berücksichtigung derselben
erfolgen musste. Zur Bestimmung wandte er (vgl. seine Progymnasmata) teils
ebenfalls die in Kassel befolgte Methode an, teils verfolgte er die Gestirne
mit einem 10-füssigen, um die Weltaxe drehbaren Kreise, von der Culmination
bis zum Untergange, und erhielt etwas bessere Resultate als seine Kollegen
in Kassel, während dagegen auch bei ihm noch keine gesunden Ansichten über
das Wesen der Refraktion zum Durchbruche gelangten und ihn die erhaltenen
Differenzen auf Rechnung der verschiedenen Natur der Gestirne setzen Hessen.
454. Die llefraktionstafel Keplers. -- Der erste Neuere,
welcher für die Refraktion ein wirkliches Verständnis besass, war
Kepler, und es gehört zu den ausgezeichnetsten Leistungen dieses
genialen Mannes, dass er, obschon es ihm (135) nicht gelang, das
hiefür absolut notwendig erscheinende Brechungsgesetz zu ermitteln,