Full text: Theorie der Instrumente und Messungen (3. Halbbd.)

475 — Vorausbestimmung für eine Zwischenstatiou. — 305 
so kann man dieselben auch für andere benachbarte Orte durch Auf 
stellung einer Art Interpolationsformel leicht ermitteln. 
T L\\ 4J5: a. So entnahm z. B. Littrow (Astr. II 280), von der Annahme 
ausgehend, dass die Zeit t des Eintrittes einer gewissen Phase eine Funktion 
der Länge A und Breite cp des betreffenden Ortes sei, dem Taylor’schen Lehr 
sätze die Näherungsformel 
t + At = t + А • ДА + В • Д Ф 1 
wo А und В die Differentialquotienten von t nach A und <p bezeichnen, woraus 
sich für zwei benachbarte Orte die Beziehung 
t" — t' = А • (А" — А') -f В • (<p" — Ф ') 3 
ergiebt. Sind also für drei der Lage nach nicht gar zu verschiedene Orte die 
Ortszeiten einer Phase bereits berechnet, so kann man die 2 zweimal auf 
schreiben, aus diesen beiden Gleichungen A und В berechnen, und sodann 
nach 2 für jeden benachbarten Ort aus seiner Länge A und Breite cp höchst 
einfach die angenäherte Ortszeit t derselben Phase ermitteln. — So z. B. gab 
das Berliner Jahrbuch für die Sonnenfinsternis von 1860 VII 18 für München, 
Padua und Paris an, dass dieselbe zu den mittlern Ortszeiten t' = 2 h ,72, 
t" = 2 h ,81 und t"‘ = l h ,89 beginnen werde, während nach Tab. VII a diesen 
Orten die Längen A' = 0 h ,77, A" = 0 h ,79, A'" = 0 h ,15 und die Breiten cp' = 48°,15, 
ф" = 45 0 ,40, cp“ 1 = 48°,83 entsprechen. Hieflir erhält man aber in angegebener 
Weise statt 2 die Gleichung 
2 h ,72 — t = 1,81 (0 h ,77 — A) — 0,02 (48,15 — <*>) 3 
und wenn man in dieselbe für Zürich А = 0 h ,57 und <p = 47°,38 einführt, so 
erhält man t = 2 h ,48 = 2 h 28 m ,8, während wir oben (474: a) durch strenge 
Rechnung 2 h 29 ,n ,5 gefunden haben. 
43 6. Vorausbestimmung auf graphischem Wege. — 
Wenn es sich nur darum handelt, für einen Ort eine angenäherte 
Darstellung einer Sonnenfinsternis zu erhalten, so kann man in der 
Weise Vorgehen, dass man aus den geocentrischen Coordinaten des 
Mondes zur Zeit seiner Opposition (entsprechend wie in 474 : b) 
die diesem Orte zukommenden scheinbaren Coordinaten berechnet, 
und sodann in ganz entsprechender Weise operiert, wie es (246) 
für die Mondsfinsternisse geschehen ist a . Etwas genauere Resultate 
geben allerdings andere, aber dafür auch viel umständlichere Ver 
fahren, von welchen namentlich das von Tob. Mayer benutzte lange 
sehr beliebt war b . 
'Ln 4J6: a. In Anwendung dieses höchst einfachen Verfahrens auf die 
Sonnenfinsternis von 1860 VII 18 erhielt ich (vgl. Verz. 230) für Zürich 2 h 32 m 
und 4 h 45 m m. Z. als Anfang und Ende der Finsternis, — also (vgl. 474 und 
475) bis auf einige Minuten richtige Werte und dabei zugleich eine graphi 
sche Darstellung der Erscheinung. — b. Das von Tob. Mayer 1745 in seinem 
„Mathematischen Atlas“ auseinandergesetzte Verfahren entspricht ganz den von 
Kepler (vgl. 469 : b) ausgesprochenen Principien, indem es wesentlich in fol 
gendem besteht: Zuerst verzeichnet man, für die Minute eine beliebige Einheit 
wählend, einen die Erde im richtigen Verhältnisse zum Monde darstellenden 
Wolf, Handbuch der Astronomie. II. 20
	        
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