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II. Kurze Beschreibung der wichtigsten Faserstoffe.
Wenn Baumwollfäden durch reichliche Appretur Glätte und Steifig
keit mitgeteilt ist, so genügt kurzes Kochen mit verdünnter Natron
lauge um die charakteristische Weichheit und Rauhigkeit zum Vor
schein zu bringen. Wolle liefert ebenfalls sperrige Fäden, hat aber
ganz andere Oberflächenbeschaffenheit und zeigt ein anderes Verhalten
gegen Alkalien und bei dem Verbrennen.
Rohe Baumwolle ist meistens blafs gelblich gefärbt, doch giebt
es auch fast weifse Sorten. Zwischen den farbigen Fasern kommen
farblose, sehr dünnwandige vor (sogenannte tote Baumwolle), welche,
wenn sie in gröfserer Menge zugegen sind, den Wert der Baumwolle
herabsetzen. Durch Bleichmittel kann Baumwolle leicht und voll
ständig entfärbt werden, dabei verliert die Faser die Cuticula auf lange
Strecken, so dafs dieselbe an gebleichter Ware fast ganz fehlen kann.
11. Flachs. Die Bastzellen der Flachsfaser haben eine Länge
von 2—4 cm und einen maximalen Durchmesser von 15—17 /.i. Sie
können durch Maceration von Flachsfasern mit
Salpetersäure und Kaliumchlorat oder mit Chrom
säure (kaltgesättigte Lösung, mit dem gleichen
Volumen Wasser verdünnt) in ihrem Zusammen
hang gelockert und durch vorsichtiges Zerzupfen
mit Präpariernadeln vollends voneinander getrennt
werden. Bei der ansehnlichen Länge der Zellen
hat diese Behandlung für die Unterscheidung von
anderen Faserstoffen wenig Bedautung. In den
Fasern von gehecheltem Flachs sind viele Zellen
aneinander gereiht. Die Länge der Flachsfaser
geht bis 1,4 m (ägyptischer Flachs), die Dicke
Fig. 5 . Flachs. 130 : 1 . kann bis 200 f.i betragen. Die dünnsten Fasern,
an welchen die Teilung bis zu einzelnen Zell
reihen fortgeschritten ist, messen 15,«. Der Querschnitt ist rund
lich oder polygonal, der centrale Hohlraum viel enger als bei
Baumwolle. Abgesehen von Bastparenchym und Holzgewebe, welche
ungebleichtem Flachs anhaften, zeigt die Flachsfaser oft eine feine
Längsstreifung und eine sehr ins Auge fallende Schräg- und Quer
streifung (Verschiebungen) in veränderlichen Abständen, bisweilen ist
sie an diesen Stellen auch knotig verdickt (Fig. 5). Es ist damit
ebenso bestellt, wie mit der korkzieherähnlichen Drehung der Baum
wolle; die Verschiebungen und Knoten kommen nicht an allen