Full text: Lehrbuch der malerischen Perspektive mit Einschluß der Schattenkonstruktionen

IV 
V orwort. 
würden. Über das Verhältnis zwischen Künstler und Geometer 
äußert sich mein Vater in seiner Schrift „Die subjektive 
Perspektive und die horizontalen Kurvaturen des dorischen 
Stils“ folgendermaßen: „Nicht Gesetze vor schreiben, sondern 
Vorschlägen lassen soll sich der Künstler vom Geometer. Er 
soll die kräftige Unterstützung, die ihm der Geometer willig an 
bietet. nicht von der Hand weisen, sondern sie dankbar an 
nehmen und benützen zu seinem eigenen Vorteil.“ 
In diesem Sinne möge das vorliegende Lehrbuch auf 
genommen werden. Es entstand in den letzten vier Jahren vor 
dem Tode des Verfassers (f 1905) als Frucht seiner langjährigen, 
ihm sehr lieben Tätigkeit am Seminar für das staatliche Zeichen 
lehrerinnenexamen des Vereins der Künstlerinnen und Kunst 
freundinnen zu Berlin, unter dem Direktorium von Fräulein 
Margarete Hoenerbach. Da mir die Ehre zuteil wurde, sein 
Erbe im Unterricht am Seminar anzutreten, so war es für mich 
auch eine Ehrenpflicht, das Werk, an dem er mit der größten 
Liebe und Hingebung gearbeitet hatte, in seinem Sinne zu Ende 
zu führen. Er hatte die Absicht, es zu einem abgeschlossenen 
Ganzen auszubauen, das die vollständige Lehre der Perspektive 
enthält. 
Das Buch behandelt die „malerische Perspektive“ im Gegen 
sätze zur sogenannten „Architekten-Perspektive“. Demgemäß 
stützen sich die Konstruktions-Methoden auch nicht folgerecht 
auf einen vorliegenden Grund- und Aufriß, sondern es sind räumliche 
Gebilde, die, durch Skizzen und Abmessungen gegeben, direkt in 
Perspektive gesetzt werden in den betreffenden Bildrahmen hinein. 
Obw r oh] das Buch hauptsächlich die Bedürfnisse des Künstlers be 
rücksichtigt, ist es doch nicht für diesen allein bestimmt; vielmehr 
wird es auch dem Architekten eine Fülle von Anregung und auf die 
meisten Fragen im Unterricht eine Antwort geben. Dem Mathe 
matiker, der sich leicht und schnell in die Methode der 
Perspektive einarbeiten will, wird es ein willkommenes Lehrbuch 
sein. Es eignet sich insofern nicht nur für ihn, der den Unter 
richt in der darstellenden Geometrie an einer höheren Lehranstalt 
zu erteilen hat, sondern auch für den Zeichenlehrer, den die 
sechs Übungsbeispiele „Tafel I-—VI“ anregen mögen, neue Vor 
bilder für seine Schüler zu schaffen oder diese zu eigenen 
perspektivischen Darstellungen anzuleiten.
	        
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