§ 31. Verfahren beim Hinausfallen eines Fluchtpunktes. 173
empfiehlt sich, wenn die zu ziehenden Geraden weit unten (bezw. oben)
auf dem Zeichenblatte Hegen.
4. Da das Schiebdreieck in der Regel nicht aus dünnem Blech,
sondern aus Holz besteht, so hat es eine gewisse Dicke, die Berücksichti
gung verlangt. Statt je einer Kante hat das
hölzerne Schiebdreieck zwei parallele Kanten
(Fig. 242). Man muß daher die Strecke OF auf
beiden parallelen Kanten i k und i' k' abtragen
und mittels Bleistiftes sowohl den Punkt y, als
auch den Punkt y' markieren. Handelt es sich
dann um nach F fliehende Linien unterhalb des
Horizontes, so legt man die Kante k i an diesen
an, und zwar y in 0\ bei Linien oberhalb des Horizontes wird inan
an ihn i' k' anlegen und dann y' in 0. —
Zum Schlüsse sei noch bemerkt, daß das vorstehende Verfahren
für jeden Zeichner außerordentlich bequem ist, da er das Schiebdreieck
stets zur Hand hat. Auch die Mühe, gleich zu Beginn der Arbeit auf dem
Horizont einen Punkt 0 und danach auf dem Schiebdreieck den Punkt y
zu bestimmen, ist nur gering. — Leider verbietet sich die Anwendung des
Verfahrens, sobald die Strecke 0 F größer als die Hypotenuse des
Dreiecks ist, 0 F sich also nicht mehr auf ihr abtragen läßt. Besonders
wertvoll ist es dann, wenn es gilt, kleinere Entwürfe zu
später größer auszuführenden Zeichnungen zu konstruieren. —
3) Es sei noch ein von H. Seeger im Jahre 1907 *) veröffentlichtes
Verfahren erwähnt, das zwar zum Konstruieren auf dem Reißbrett
weniger geeignet ist, indessen bei der Herstellung von Staffelei bildern
und größeren dekorativen Gemälden einen hohen praktischen Wert
besitzt.
Verflöge der Eigenschaft eines „guterV Gummibandes, sich
in allen seinen Teilen gleichmäßig auszudehnen und sich ebenso gleich
mäßig wieder zusammenzuziehen, kann man mehrere parallele Strecken
auf höchst einfache mechanische Weise (ohne jegliche Konstruktions
linie) im nämlichen Verhältnis teilen oder verlängern. Somit läßt sich
auch die Aufgabe, Linien nach einem unzugänglichen Fluchtpunkt zu
ziehen, leicht lösen:
Ist v w die Orientierungslinie und x
ein auf dem Zeichenblatte liegender Punkt
(Fig. 243), durch den eine Gerade nach dem
unzugänglichen Fluchtpunkt gezogen werden
soll, so legt man das weitausgedehnte Gummi
band (am besten senkrecht zur Horizontlinie)
an x an, markiert auf dem Bande den Punkt x,
sowie die Punkte z und y, in denen es den
Horizont und die Gerade v w schneidet. Fig. 243.
*) ,»Münchener Kunsttechnische Blätter.“ Beilage zur „Werkstatt der
Kunst“ (E. A. Seemann, Leipzig). III. Jahrg. N0. 11.