§ 43. Der im Spiegel sichtbare Raum.
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Um die Lage des Punktes 0' zu fixieren, müssen wir auch noch das
Bild seiner Grundrißprojektion o' bestimmen.
Hierbei tritt nun eine eigentümliche Schwierigkeit ein. Bei unseren
seitherigen Konstruktionen lagen die wichtigsten Konstruktionslinien
in der vertikalen Hilfsebene, die durch die Linie A F 3 (Fig. 351 auf
S. 256) gelegt wurde. Jetzt tritt an Stelle des Punktes A der Punkt 0.
Die vertikale Hilfsebene geht also jetzt durch das Auge und stellt sich
demgemäß im Bilde als gerade Linie dar, und zwar als die vertikale
Linie Die sämtlichen Punkte der in der Ebene liegenden Figur, die
in Fig. 352 (S. 256) in wahrer Gestalt gezeichnet wurde, fallen
in diese Linie. Dadurch wird die Ausführung unseres seitherigen Kon
struktionsverfahrens unmöglich.
Wir helfen uns dadurch, daß wir jene Figur wieder in wahrer
Gestalt zeichnen und dann die hieraus entnommenen wahren
Maße perspektivisch in die Bildfigur übertragen. Fig. 355 stellt die
wahre Gestalt der Figur im Maßstabe der Grundlinie © dar. Um über das
zu ihrer Konstruktion Erforderliche Klarheit zu gewinnen, vergleichen
wir sie mit der Figur 352 auf S. 256 und fragen uns zuerst, wie wir zu
verfahren hätten, um jene zu konstruieren (ohne Benützung der Nei
gungswinkel) .
An Stelle des Punktes A mit Spiegelbild A' dort — tritt jetzt der
Augpunkt 0 mit Spiegelbild 0'; an Stelle der Grundrißprojektion a mit
Spiegelbild a' dort — der Standpunkt P mit Spiegelbild P'. Die
Fallinie der Spiegelebene ist hier wie dort durch t B bezeichnet. Die dort
gezeichneten Verlängerungen der Linien a A, t B, a' A' nach v sind hier
weggelassen. Dagegen sind hier noch die Grundrißprojektionen o' und p'
der Spiegelbildpunkte 0' und P' angegeben.
Um nun die Figur 352 auf S. 256 im Maßstabe der Grundlinie zu
zeichnen, müßten wir zuerst die wahre Länge von a t aus der Bildfigur
(Fig. 351) ermitteln. Der Punkt t bestimmt sich dort als Schnittpunkt
der Linie a / 2 mit der Bodenlinie s f v — Es wird sich nachher als wün
schenswert erweisen, auch noch die Schnittlinie der vertikalen Hilfs
ebene mit der Bildebene einzuzeichnen. Diese Schnittlinie ist vertikal
und würde sich in der Bildfigur (Fig. 351) dadurch ergeben, daß man t a
verlängert, bis sie die Grundlinie © im Punkte g schneidet, und daß man
durch g die Vertikale zieht. — Die Bestimmung der wahren Längen der
zwei Strecken a t und a g würde mittels des Meßpunktes ra 2 erfolgen.
Übertragen wir dies auf unsere jetzigen Verhältnisse: In der Bild
figur (Fig. 354, S. 260) fällt die frühere Linie a t / 2 jetzt in die vertikale
Linie An Stelle des Punktes a tritt das Bild des Standpunktes P.
Nun haben wir in § 6 (S. 31) gesehen, daß das Bild des Standpunktes P
in unendliche Entfernung in der Richtung,senkrecht zur Horizontlinie
fällt. Als Bild von P haben vir also den unendlich fernen Punkt der
Linie % anzusprechen (was unten, innerhalb der Fig. 355, durch einen
Pfeil angedeutet ist). — Die zwei anderen Punkte t und g bestimmen
sich als Schnittpunkte der Linie g mit der Bodenlinie der Spiegel-
ebene s f i und mit der Grundlinie ©.