Besondere Fälle der Projektivität der Gebilde der ersten Stufe.
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„Das Erzeugnis zweier projektiven Punktreihen ist zugleich das
Erzeugnis zweier projektiven Strahlbüschel.“ Mit anderen Worten:
„Jede Kurve zweiter Klasse ist zugleich eine Kurve zweiter Ordnung.“
Erkl. 171. Auf Grund des in Anmerkung 28
Angeführten ist man im Stande, die Berühr
punkte aller übrigen Tangenten in einfacher
Weise zu ermitteln, sobald eine der Berühr
sehnen konstruiert ist. Denn kennt man z. B.
die Berührsehne sO, so liefern die Verbindungs
linien a'd und c‘ e den Punkt r““ und dessen
Verbindung mit r die Berührsehne uw. Die Linie
s'r"" ist zugleich Berührselme a‘ u für die Tan
genten G‘ und bl' und schneidet die Linie sd
in einem Punkte durch welchen die Berühr
sehne wt hindurchgeht. Die Verbindungslinie u v
endlich ist Berührsehne für die Tangenten aa‘
und bb‘ und enthält zugleich die Schnittpunkte
r" und r von ad- und wt, desgleichen von V t
und a b‘.
Anmerkung 25. Zu den in den Anmerkungen 23 und 24 aufgestellten Sätzen hätte man
auch in folgender Weise gelangen können:
Ist K eine Kreislinie, so kann dieselbe erzeugt werden durch zwei projektiv
gleiche Strahlbüschel, etwa o(oa, ob, oc. . .) und o'(o'a, o'b, o‘c . . .), siehe
Figur 159. Zieht man nun in den Punkten o, o', a, b, c Tangenten an die Kreis
linie und treffen etwa die Tangenten in den Punkten o und o' jene in den Punkten
a, b, c in den Punkten a, b, c und a‘, b‘, c', so ist die Projektivität der Punkt
reihen (a, b, c ...) und (a', b‘, c‘...) unmittelbar ersichtlich; denn verbindet man den
Kreismittelpunkt m mit den Punkten
a, b, c, so entsteht ein mit dem
Strahlbüschel o (o a, o b, o c...) gleiches
und somit projektives Strahlbüschel
m (ma, mb, mc . . .). In gleicher
weise ist auch das Strahlbüschel
o' (o'a, o'b, o'c. . .) gleich und pro
jektiv dem Strahlbüschel m {ma‘,mb‘,
mc'.. .), somit sind auch die Punkt
reihen a,b,c... und a‘, b‘, c‘ . . . unter
einander projektiv. Es gilt demnach
folgender Satz: „Irgend zwei Tan
genten eines Kreises werden
von den übrigen Kreistangen
ten nach Punkten zweier pro
jektiven Punkt reihen g e -
tro ffe n.“
Projiziert man die Kreislinie K samt
derr sie hervorbringenden P unkt-
reihen und Strahlbüscheln in
eine beliebige Ebene E, so werden
die genannten Strahlbüschel undPurrkt-
reihen als Central Projektionen wieder Strahlbüschel und Punktreihen haben
und deren Erzeugnis K‘ wird eben die Centralprojektion der Kreislinie ergeben,
woraus anderseits wieder folgt, dass eine Linie zweiter Ordnung oder Klasse
stets als Centralprojektion einer Kreislinie aufgefasst werden kann. Die
sämtlichen vom Projektionscentrum nach den Punkten der Kreislinie K gezogenen
Projektionsstrahlen bilden eine Kegel fläche, welche die Kreislinie K als Leit
linie besitzt, siehe Erkl. 171, und deren Schnitt mit der Ebene E die Central
projektion der Kreislinie liefert. Diese Centralprojektion nennt man Kegelschnitt.
Die Linien zweiter Ordnung oder Klasse sind also Kegelschnitte.
Figur 159.