Object: Über die spezielle und allgemeine Relativitätstheorie

  
förmig und drehungsfrei bewegtes Koordinatensystem, so verläuft 
das Naturgeschehen in bezug auf X’ nach genau denselben allge- 
meinen Gesetzen wie in bezug auf K. Diese Aussage nennen wir 
„Relativitätsprinzip“ (im engeren Sinne). 
Solange man überzeugt war, daß sich alles Naturgeschehen mit 
Hilfe der klassischen Mechanik darstellen lasse, konnte man an der 
Gültigkeit dieses Relativitätsprinzips nicht zweifeln. Mit der neueren 
Entwicklung der Elektrodynamik und Optik aber ward es immer 
mehr offenkundig, daß die klassische Mechanik als Grundlage für 
alle physikalische Naturbeschreibung nicht zureichend sei. Damit 
wurde auch die Frage nach der Gültigkeit des Relativitätsprinzips zu 
einer wohl diskutierbaren, und es erschien nicht ausgeschlossen, daß 
die Antwort auf diese Frage verneinend sein könnte. 
Immerhin gibt es zwei allgemeine Tatsachen, die von vornherein 
sehr für die Gültigkeit des Relativitätsprinzips sprechen. Wenn näm- 
lich die klassische Mechanik auch nicht eine genügend breite Basis für 
die theoretische Darstellung aller physikalischen Erscheinungen 
liefert, so muß ihr doch ein sehr bedeutender Wahrheitsgehalt zu- 
kommen; denn sie liefert mit bewunderungswürdiger Schärfe die 
tatsächlichen Bewegungen der Himmelskörper. Es muß daher auch 
das Relativitätsprinzip auf dem Gebiete der Mechanik jedenfalls mit 
großer Genauigkeit gelten. Daß aber ein Prinzip von so großer 
Allgemeinheit, welches auf einem Erscheinungsgebiete mit solcher 
Exaktheit gilt, einem anderen Erscheinungsgebiete gegenüber ver- 
sage, ist a priori wenig wahrscheinlich. 
Das zweite Argument, auf welches wir später noch zurückkommen 
werden, ist folgendes. Wenn das Relativitätsprinzip (im engeren 
Sinne) nicht gilt, so werden die relativ zueinander gleichförmig be- 
wegten Galileischen Koordinatensysteme X, K’, K’ usw. nicht gleich- 
wertig sein für die Beschreibung des Naturgeschehens. Dann wäre es 
kaum anders denkbar, als daß die Naturgesetze besonders einfach 
und natürlich sich nur dann formulieren ließen, wenn unter allen 
Galileischen Koordinatensystemen eines (Ko) von bestimmtem Bewe- 
gungszustande als Bezugskörper gewählt würde. Dieses würden wir 
dann mit Recht (wegen seiner Vorzüge für die Naturbeschreibung) 
als das „absolut ruhende“ bezeichnen, die übrigen Galileischen 
Systeme K aber als „bewegt“. Wäre z. B. unser Bahndamm das 
System Ko, so wäre unser Eisenbahnwagen ein System K, in bezug 
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