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SYMPOSIUM PHOTO INTERPRETATION, DELFT 1962
Abb. 5. Wasserburg "am Inn (Ballon-Auf- Abb. 6. Wasserburg am Inn (Luftbildvon
nähme von 1907) 1952)
Ganz allgemein sind Luftbilder Dokumente, die den Zustand der Land
schaft in einer bestimmten Zeit genau festhalten, vollständiger als dies Karten
und geschriebene Texte können. Und zwar sind es vielseitige geographische
Dokumente, gleichgültig ob sie für geologische, hydrologische, forstliche,
technische oder andere Zwecke aufgenommen sind. Alle Luftbilder sollten daher
mit genauen Zeitangaben versehen und systematisch gesammelt werden, wo
immer, von wem immer, und für welchen Zweck auch immer sie aufgenom
men wurden.
Ein kleines Beispiel einer noch in Gang befindlichen, verschiedenen Zielen
dienenden geographischen Luftbildforschung, die in der Verbindung von
Luftbildanalyse, Geländeaufnahme und Archivstudien besteht, bieten Stadt
und Umgebung von Wasserburg am Inn in Oberbayern. (Abb. 5 u. 6). Der
Inn umfliesst dort in einem schön geschwungenen eingesenkten Mäander die
Stadt. Mit seinem konvexen Ufer, einem bis 80 m hohen Prallhang, schneidet
er in die Moränenlandschaft ein (“Innleite”) und verursacht seit ältesten Zei
ten durch die Seitenerosion einen Landverlust auf der Aussenseite, einen Land
zuwachs für die Stadt auf dem Gleitufer der Konkavseite. Die Stadt gliedert
sich grundrissmässig in den Burgberg auf dem Mäandersporn, die mittel
alterliche Marktstadt zu ihren Füssen auf dem höheren Teil des Talbodens und
die uferparallelen Stadterweiterungen aus der neueren Zeit. Es interessiert in
diesem Fall sowohl die Kleinmorphologie des Steilufers als auch das Wachstum
des Stadtgebietes sowie schliesslich die Auswirkung von flussbautechnischen
Anlagen. Für das Gelände und die Ausdehnung der Stadt steht eine senkrechte
Ballonaufnahme vom Jahre 1907 und stehen terrestrische photographische
Aufnahmen der steilen Innleite aus der Zeit der Jahrhundertwende zur Ver
fügung, ausserdem senkrechte und schräge Aufnahmen aus verschiedenen
Jahren seither. Genaue grossmasstäbliche Vermessungen der Innleite, die eine
detailmorphologische Analyse erlauben, führt seit Jahren das Photogram