Full text: Deutsche Baumeister

großen Maler dieser Zeit, zum Beispiel, gehören einer einzigen Ge- 
neration an: Dürer, Cranach, Burgkmair, Grünewald, Baldung, 
Altdorfer sind alle um 1470 geboren. Nur der jüngere Holbein ist 
um eine Generation jünger. Die Baumeister haben in nur zwei 
nicht deutlich getrennten, wohl aber deutlich zu unterscheidenden 
Generationen gearbeitet. Der Unterschied ist, daß die erste Gene- 
ration heiterer und volkstümlicher, die zweite ernster, strenger und 
akademisch anspruchsvoller war. 
Die frühe Stilform weist noch gotische Bestandteile auf, aber auch 
schon barocke Elemente. Sie macht es deutlich, wie sehr im Kern 
der Barock dem Gotischen verwandt und eine Fortsetzung dieses 
Stils mit anderen Mitteln und Formen ist. Das Hauptinteresse der 
Frührenaissance gilt nicht dem Baukörper, dem Raumproblem und 
der Struktur, sondern dem Zierrat. Dieser Umstand ist einleuchtend 
daraus erklärt worden, daß es zuerst die Maler und Zeichner waren, 
die nach Italien wanderten und von dort die neuen Anregungen und 
ornamentalen Formen mitbrachten, daß die deutschen Architek- 
ten diese Formen zunächst von den Malern übernahmen, woraus 
sich dann der fast graphische Charakter des Schnörkelwerks und die 
Vernachlässigung des Tektonischen ergab. Im Frühstil der Renais- 
sance treten wirkungsvoll die kühn gestuften und verzierten Giebel 
auf, die ganz unklassisch verstandenen Säulen, die eigenwillig vor- 
tretenden, reich geschmückten Erker, die gedrückten Bogengänge 
mit den kurzen, dicken Säulen, die klein durchfensterten, hohen und 
spitzen Dächer, das Roll- und Kartouschenwerk der Ornamente, 
die Überfülle von Wappen, Konsolen, Medaillons, Reliefs, kleinen 
Obelisken und Pilastern in Diminutivform, die Fruchtgehänge und 
Gebälkschnitzereien, die reichen Portaldekorationen mit drolligen 
allegorischen Figuren, die Fenster mit Butzenscheiben, die Treppen 
mit Beischlägen usw. Dieser Schmuck ist nicht mehr gotisch, doch 
ist er auch nicht italienisch antikisch, obwohl Elemente von beidem 
vorhanden sind. Die Ornamentik ist original, nur ist sie eine mehr 
kunstgewerbliche als architektonische Schöpfung. Sie hat Verwandt- 
schaft mit der Tracht der Zeit, mit den Hauben, Miedern, Mühlstein- 
kragen und Bauschärmeln der Frauen, mit den gestreiften Strümp- 
8 Scheffler, Deutsche Baumeister, 
113
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.