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Anhang.
(Entsch. Bd. 32 S. 341); vom 24. März 1898 (Entsch. Bd. 33 S. 404); vom 15. Juni
1899 (Entsch. Bd. 35 S. 287); vom 23. Mai 1901 (Entsch. Bd. 41 S. 391) und
vom 10. Mai 1904 (Entsch. Bd. 45 S. 393).
Vor derartigen groben Verunstaltungen werden durch das Gesetz nicht nur
die Straßen und Plätze der Ortschaft — gleichviel, ob in ihren geschlossenen oder
offen bebauten Teilen —, sondern auch das Ortsbild, wie es sich von außen dar
stellt, geschützt. In letzterer Hinsicht ist es nicht erforderlich, daß das Bild
der gesamten Ortschaft gefährdet sein würde, es genügt vielmehr, wenn die
grobe Verunstaltung nur einen Teil treffen würde.
Steht es außer Zweifel, daß ein Bauvorhaben eine gröbliche Verunstaltung
herbeiführen würde, so hat die Baupolizeibehörde die Pflicht, die Baugenehmigung
zu versagen. Die Entscheidung steht also nicht mehr in ihrem freien Ermessen.
Häufig wird es sich aber empfehlen, daß die Baupolizeibehörde nicht ohne
weiteres die Erteilung der Bauerlaubnis ablehnt, sondern daß sie mit dem Bau
lustigen wegen der Beseitigung des Mangels verhandelt und ihm beratend zur
Seite tritt.
Spezialgesetzliche Vorschriften oder diesen gleichstehende Sonderbestim
mungen, welche den Behörden weitergehende Befugnisse beimessen, als dies durch
den § 1 geschieht, bleiben in Kraft.
II. (Zu den §§ 2—7.)
1. Die Grundlage für die Pflege der über den Balimen des § 1 hinaus
gehenden Interessen auf dem Gebiete des Bauwesens ist seitens der Gemeinden
durch den Erlaß von Ortsstatuten zu schaffen. In formeller Hinsicht findet die
durch das Gesetz gegebene Regelung eine Analogie in dem Rechtszustande,
welcher nach § 12 des Straßen- und Baufluchtengesetzes vom 2. Juli 1875 be
steht. Wie bei dem Anbau an unregulierten Straßen ist nach dem vorliegenden
Gesetze die Ortspolizeibehörde zur Ausführung des ortsstatutarischen Verbotes
berufen. Sie kann aber auch hier nur dann einschreiten, wenn ihr durch ein
Ortsstatut die Befugnis dazu verliehen ist. Sie hat sich dabei an die Normen
zu halten, welche durch das Ortsstatut gegeben sind; auch insoweit ist sie aber
in ihrer Entschließung nicht mehr frei, sondern verpflichtet, gegenüber geplanten
Bauausführungen, welche mit dem Ortsstatut nicht im Einklang stehen würden,
dessen Vorschriften zur Anwendung zu bringen.
2. In sachlicher Hinsicht können durch Ortsstatut folgende Anordnungen
getroffen werden:
a) Für bestimmt zu bezeichnende Straßen und Plätze von geschichtlicher
und künstlerischer Bedeutung kann die Genehmigung zur Ausführung von
Bauten und baulichen Änderungen versagt werden, wenn dadurch die Eigenart
des Orts- oder Straßen-(Platz-) bildes beeinträchtigt werden würde (§ 2 Abs. 1
Satz 1). Wann einer Straße oder einem Platze eine besondere geschichtliche
oder künstlerische Bedeutung beizulegen ist, ist Frage des einzelnen Falles.
Künstlerisch bedeutend können auch neu angelegte Straßen oder Plätze sein.
Von historischer Bedeutung wird nur dann geredet werden können, wenn Straßen
oder Plätze hinsichtlich aller oder einzelner der an ihnen liegenden Gebäude den
Charakter einer historischen Epoche aufweiseu. Es wird z. B. nicht genügen,