Full text: Lexikon der Astronomie

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Kometen (Theorie Zöllners). 
Zöllner geht dabei von der Voraus 
setzung aus, daß die Oberfläche der Sonne 
elektrisch erregt ist, und daß die Sonne 
infolge davon neben ihrer Gravitations 
wirkung noch eine elektrische Wirkung in 
die Ferne ausübt. Dabei genügt es zur 
Erklärung der wesentlichsten Erscheinun 
gen an den K., wenn der Sonnenober 
fläche quantitativ nur diejenigen elektri 
schen Eigenschaften beigelegt werden, welche 
durch direkte Beobachtung an der Erdober 
fläche nachgewiesen sind. Auch unsre Erde 
ist nämlich wegen der an ihr vorhandenen 
atmosphärischen Elektrizität als ein elek 
trischer Körper zu betrachten, und das 
Gleiche gilt wahrscheinlich auch von den 
andern Planeten. 
Zöllner hält ferner die Kerne der K. 
für tropfbarflüssige Massen, die frei inr 
Weltraum schweben. Gelangen dieselben 
in die Nähe der Sonne, so wird vorzugs 
weise auf derjenigen Seite, die dieser Wär 
mequelle zugewandt ist, ein lebhafter Siede- 
uiidVerdampfungsprozeß stattfinden, wäh 
rend die auf der entgegengesetzten Seite 
befindlichen Teile im Schatten des flüssi 
gen Körpers liegen und daher nur indirekt, 
vermöge der durch Strömungen vermit 
telten Leitung erwärmt werden. Diese 
Massen werden uns daher als Körper er 
scheinen, die von einer Dunsthülle um 
geben sind, welche sich auf der der Sonne 
zugewandten Seite fortwährend entwickelt. 
Je kleiner solche Massen sind, in desto 
größerer Entfernung von der Sonne wer 
den sie vollständig in Dampfkugeln ver 
wandelt sein, und alsdann werden sie auf 
der der Sonne zugewandten und auf der 
entgegengesetzten Seite keine wesentlichen 
Unterschiede mehr zeigen, sondern uns den 
Anblick kugelförmiger Dunstmassen dar 
bieten, wie wir dies in der That bei den 
kleinern K. beobachten. 
Zur Erklärung der selbständigen Licht 
entwickelung und der Schweifbildung 
nimmt Zöllner eine elektrische Erregung 
der Dunsthüllen der K. an, die ihrerseits 
eine Folge der bei dem Verdampfungs 
und Siedeprozeß stattfindenden Trennung 
und Zerstäubung der Flüssigkeit in feinere 
Teilchen sein soll. Das Spektrum einer 
auf solche Art elektrisch leuchtenden Ko 
metendunsthülle wird nun dasjenige sein, 
welches beim Übergang der Elektrizität 
durch die vom flüssigen Kern entwickelten 
Dämpfe erhalten wird, und wenn dieser 
Kern aus verschiedenen Flüssigkeiten be 
steht, so wird bei schwacher Elektrizitäts 
erregung zunächst das Spektrum des 
jenigen Stoffs erscheinen, dessen Emis 
sionsvermögen bei niedern Temperaturen 
das größere ist. Betrachtet man aber die 
Feuermeteore als Fragmente eines zer 
trümmerten Weltkörpers, so wird neben 
dem Wasser den flüssigen Kohlenwasser 
stoffen eine hervorragende Rolle unter den 
kosmischen Flüssigkeiten einzuräumen sein, 
und es können die Spektra der K. vor 
zugsweise nur solche sein, welche den Däm 
pfen dieser Stoffe angehören. So erklärt 
sich die Ähnlichkeit der Kometenspektra 
mit dem Spektrum des elektrischen Fun 
kens in einer Atmosphäre von Kohlen 
wasserstoffdämpfen. 
Um die Entwickelung der Kometen 
schweife auf der von der Sonne abgewand 
ten Seite zu erklären, ist es notwendig, 
die Elektrizität der Sonne als gleichartig 
mit derjenigen der Kometendämpfe anzu 
nehmen; letztere setzt Zöllner, entsprechend 
der bei der Zerstäubung von Wasserstrah 
len entstehenden, als negativ voraus. Än 
dert sich durch irgend einen Umstand das 
Vorzeichen der Elektrizität der Kometen 
dämpfe, so wird ein der Sonne zugekehrter 
Schweif entstehen, wie dies z. B. bei dem 
K. von 1823 der Fall war. Außer der 
Richtung der Schweife kommt aber noch 
wesentlich in Betracht die ungeheure Ge 
schwindigkeit, mit welcher dieselben gleich 
sam aus den Kernen herausschießen und 
sich in Zeit von wenig Tagen über Strecken 
von vielen Millionen Meilen ausbreiten. 
Nach Zöllners Theorie haben wir eö hier 
mit wirklichen Bewegungen der Dampf- 
teilchen zu thun , und derselbe erklärt die 
enormen Geschwindigkeiten dieser Teilcheir 
durch ihre Kleinheit. Es ist nämlich die 
Beschleunigung, welche eine Anzahl klei 
ner Kugeln von einer verhältnismäßig 
großen durch die Massenanziehung erhal 
ten. unabhängig von den Durchmesfcrn der 
erstem, wogegen dieselbe umgekehrt pro 
portional dem Durchmesser ist bei elektrisch
	        
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