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Prevost — Problem der drei Körper.
Die Ursache der P. liegt in der An
ziehung, welche Sonne und Mond auf
das an den Pq)en abgeplattete Erdsphä-
roid ausüben. Man kann sich das letztere
als eine Kugel denken, deren Durchmesser
gleich der Achse ist, und die am Äquator mit
einem nach den Polen hin immer dünner
werdenden ringförmigen Wulst unigeben
wird. Indem die Sonne auf diesen Ring
anziehend wirkt, der nicht in der Ebene der
Ekliptik liegt, sondern einen Winkel von
23V," mit ihr bildet, sucht sie ihn in die
Ebene der Ekliptik zu ziehen, also die Erd
achse senkrecht zu dieser Achse zu richten.
Die Anziehung der Sonne würde auch
diese Wirkung haben, wenn die Erde sich
nicht um ihre Achse drehte; in Verbindung
mit der Achsendrehung aber bewirkt jenes
Streben, daß die Erdachse zwar ihre Nei
gung gegen die Erdbahn beibehält, aber
eine Kegelfläche beschreibt, deren Achse die
Achse der Ekliptik ist. Man kann sich dies
mit einem Bohnenbergerschen Maschin-
chen (s. d.) versinnlichen. An dem innern
Ring desselben befinden sich ein paar
Öffnungen zur Anhängung von Gewich
ten. Steht nun die Drehungsachse schief,
und hängt man ein Gewicht an, während
die Kugel in Ruhe ist, so wird die Achse
vertikal gestellt. Hängt man das Gewicht
an, während die Kugel rotiert, so beginnt
sich die Achse langsam zu drehen und bei
unveränderter Neigung gegen den Hori
zont eine Kegelfläche zu beschreiben. Was
hier das angehängte Gewichtchen, das
bewirkt bei der Erde die Anziehung der
Sonne und des Mondes; denn der letztere
äußert eine ganz ähnliche Wirkung. Man
bezeichnet daher diese Gesamtwirkung von
Sonne und Mond als Luni-Solar-
präzession.
Da aber durch die Anziehung der Pla
neten die Erdbahn selbst eine langsame
Änderung ihrer Neigung gegen den Äqua
tor erleidet, welche man die Säkular
änderung der Schiefe nennt, so ist das
Fortrücken der Durchschnittspunkte des
Äquators mit der wahren Ekliptik, die
allgemeine P., etwas verschieden von
der Luni-Solarpräzession, bei welcher
man eine festeEkliptik (die von 1750) vor
aussetzte.
Der Umstand, daß Sonne und Mond
nicht in einerlei Richtung auf die Erde
wirken, und daß der Mond sich nicht in
der Ebene der Ekliptik bewegt, hat bald
eine Beschleunigung, bald eine Verzöge
rung der in der P. ausgedrückten Bewe
gung der Erdachse und damit in Verbin
dung auch kleine Schwankungen ihres
Neigungswinkels gegen die Ekliptik zur
Folge. Diese Abweichungen sind an eine
Periode von ungefähr 19 Jahren gebun
den und bilden eben die obenerwähnte
Nutation.
Prevost (spr. -woh), Pierre, geb. 3.
Mai 1751 zu Genf, lebte abwechselnd dort,
in Paris und Berlin und war 1810—23
Professor der Physik an der Universität
seiner Vaterstadt, wo er 8. April 1839
starb. Er ist bekannt durch seine Bestim
mung der Richtung der Sonnenbewegung;
vgl. Eigenbewegung der Fixsterne.
Primuni mobile (lat., »das erste Be
wegliche«), in der Sprache der alten Astro
nomie der Firsternhimmel, den man sich
als eine das Weltall umschließende Hohl
kugel dachte, an welcher die Fixsterne be
festigt seien wie goldne Nägel (nach einem
angeblichen Ausspruch des Demokrit), und
der sich im Laufe von 24 Stunden, so wie
es uns der Augenschein zeigt, einmal in
der Richtung von O. nach W. um seine
Achse, die Weltachse, dreht. Innerhalb des
selben dachte man sich die Planeten, die
Sonne und den Mond in Kreisen um die
ruhende Erde laufen.
Problem der drei Körper nennt
man in der Mechanik des Himmels die
Aufgabe, die Bewegungen dreier Him
melskörper zu ermitteln, welche sich gegen
seitig nach demGravitationsgesetz anziehen.
In dieser allgemeinen Fassung ist eine di
rekte Lösung desselben bei dem gegenwär
tigen Standpunkt der mathematischen
Methoden gänzlich unmöglich. Diese Me
thoden reichen aber aus zu einer dem prak
tischen Bedürfnis genügenden Auflösung
durch Näherung, welche wesentlich durch
den Umstand ermöglicht wird, daß die
Kräfte, durch welche die rein elliptische Be
wegung eines Körpers um die Sonne oder
die Bewegung eines Mondes um seinen
Hauptplaneten gestört wird, nur klein