Full text: Lexikon der Astronomie

Astrologie (Römer). 35 
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Einen fruchtbaren Boden fand diese 
Afterwissenschaft bei den Römern, die 
schon von frühster Zeit an dem Aberglau 
ben aufs wunderbarste ergeben waren, 
und bei denen das Auspizien- und Augu- 
ralwesen als besonderer Teil der Staats 
religion betrachtet wurde. Aus den Zeiten 
der Republik wird uns Lucius Tarutiuö 
Firmanus alö ein angesehener Astrolog 
genannt. Auf Veranlassung seines Freun 
des, deS gelebrten Varrò (116—28 v. Chr.), 
suchte derselbe durch astrologische Berech 
nung den genauen Zeitpunkt der Grün 
dung Roms zu ermitteln. Im ganzen 
aber scheinen sich die Gebildeten damals 
dem astrologischen Aberglauben gegenüber 
ablehnend verhalten zu haben, soviel An 
klang derselbe auch bei der ungebildeten 
Menge finden mochte. Cicero hat in 
seiner Schrift »Über die Weissagung« 
(»De divinatione«) eine ganze Reihe von 
Gründen gegen die Zuverlässigkeit der A. 
angeführt, z. B. die große Verschiedenheit 
des Charakters und der Schicksale von 
Menschen, die gleichzeitig geboren sind; 
er weist darauf hin, daß bei Pompejus, 
Crassus und Cäsar die Vorhersage eines 
glorreichen Alters und ruhigen Todes nicht 
eingetroffen sei, u. a. Auch wurden die 
Sterndeuter mehrmals aus Rom verwie 
sen , so 33 v. Chr. durch Agrippa. 
Die Blütezeit der antiken A. ist aber 
unter der römischen Kaiserherrschaft. Au- 
gustuö war der Sterndeuterei in hohem 
Grad ergeben, und ihm sind auch die fünf 
Bücher »Astronomica« des Dichters Ma- 
nilius gewidmet, das älteste uns erhaltene 
Werk der römischen astronomisch-astrolo 
gischen Litteratur. Auch Tiberius beschäf 
tigte sich viel mit A., und dem Caligula 
wurde von dem Astrologen Sulla sein be 
vorstehender Tod angekündigt. Unter dem 
Kaiser Claudius aber wurde 52 n. Chr. 
Furius Scribonianus in die Verbannung 
geschickt, weil er Sterndeuter gefragt hatte, 
ob der Kaiser bald sterben werde, und die 
Astrologen wurden aus Italien verwiesen. 
Auch Nero, besonders aber Otho standen 
unter dem Bann des astrologischen Aber 
glaubens. Othos Nachfolger Vitellius aber 
verbannte die Sterndeuter aus Italien und 
bedrohte sie mit demTod. Auch Vespasian 
verwies sie aus der Hauptstadt, nahm aber 
die eignen Hausastrologen von diesem Ge 
setz aus. Ebenso waren Vespasianö Söhne 
Titus und DomitianuS der A. ergeben; 
von ihren Nachfolgern Nerva, Trajan, 
Hadrian, Antoninus Pius ist uns aller 
dings ein Gleiches nicht bekannt, daß aber 
beim römischen Volk damals die Stern 
deuterei in hohem Ansehen stand, ersehen 
wir insbesondere auö der Schilderung Ju- 
venals in seiner sechsten Satire. Selbst 
hochgebildete Männer vermochten sich dem 
Einfluß des herrschenden Aberglaubens 
nicht zu entziehen, und beispielsweise der 
Geschichtschreiber Tacitus verwarf die A. 
nicht schlechthin, sondern huldigte dem 
Glauben, daß man aus den Gestirnen die 
Zukunft zu erkennen vermöge, wenn er 
auch dem Schwindel, der damals mit der 
Sterndeuterei getrieben wurde, abhold 
war. Unter Antoninus Pius lebte der 
große Astronom Claudius Ptolemäoö, 
dessen »Almagest« die Hauptquelle für 
unsre Kenntnis der Astronomie der Alten 
ist. Ihm wird auch ein astrologisches Werk 
zugeschrieben, das uns erhalten ist und 
gewöhnlich nach der Zahl seiner Bücher 
»Teträbiblos« oder »Vier Bücher« ge 
nanntwird. In diesem werden zunächst die 
allgemeinen Einflüsse besprochen, welche 
die Gestirne und vorzüglich derMond durch 
ihre Bewegung und gegenseitige Stellung 
auf die Erde ausüben; es wird aber auch 
die Möglichkeit der speziellen Wahrsagung 
aus den Gestirnen zugegeben. Indessen 
besteht zwischen diesem Werk und dem 
»Almagest« so bedeutende grundsätzliche 
Verschiedenheit, daß man wohl mit Recht 
an der Autorschaft des Ptolemäoö zweifelt. 
Von den spätern Kaisern waren beson 
ders Septimius Severus, Caracalla und 
Alexander Severus Anhänger der A., der 
letztere gestattete den Sterndeutern sogar 
die Anlegung öffentlicher Schulen in Rom 
und wies ihnen Jahrgehalte zu; dagegen 
erneuerte Diokletian das alte Verban 
nungsdekret. Auch die spätern römischen 
Kaiser im 4. Jahrh, erließen wiederholt 
Gesetze gegen die Astrologen, ohne daß 
dies Erfolg gehabt hätte. In wie hohem 
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