Full text: Lexikon der Astronomie

488 Sternkarten (kartographische Darstellungen). 
mittlern Parallelkreis annimmt, also ein 
Netz für die ganze Kugelfläche entwirft. 
Äquator und Parallelkreise erscheinen dann 
als parallele Gerade, welche rechtwinkelig 
geschnitten werden von dem mittelsten Me 
ridian, der ebenfalls eine gerade Linie ist. 
Die Parallelkreise teilen den mittelsten 
Meridian, und die Meridiane teilen den 
Äquator und die Parallelkreise in ebenso 
große Teile wie auf der Kugel; daher sind 
die Teile auf dem mittelsten Meridian und 
auf dem Äquator von gleicher Größe. Die 
beiden äußersten Meridiane, welche die Be 
grenzungslinien bilden, schneiden sich in 
den Polen unter Winkeln von 144° 41'. 
Diese Darstellungsweise wird schwerlich 
zur Abbildung der ganzen Kugel auf ei 
nem Blatt benutzt werden, wohl aber ist 
sie sehr zweckmäßig zur Abbildung einzel 
ner Flächenstücke, besonders äquatorialer. 
Sie wird gewöhnlich die Flamsteedsche 
Projektion genannt, weil sich der englische 
Astronom Flamsteed ihrer bei den Kar 
ten seines Himmelsatlas bedient hat, der 
1729, neun Jahre nach seinem Tod, er 
schien. Der erste Erfinder ist aber Niko 
laus S a n s o n aus Abbeville, der sie beim 
Entwurf von Karten der vier Erdteile, 
die er 1650 veröffentlichte, benutzt hat. 
7) Nachdem wir die verschiedenen Me 
thoden, das Gradnetz zu entwerfen, be 
trachtet haben, wenden wir uns zu den kar 
tographischen Darstellungen der Sterne 
und Sternbilder selbst. Eigentliche S. 
kennt man aus dem klassischen Altertum 
nicht, dagegen begegnen uns schon aus 
früher Zeit Berichte über Himmelsgloben. 
Schon Eudoros soll einen solchen kon 
struiert haben, und nach Heis besitzen wir 
noch einen Globus, der mutmaßlich aus 
dem Zeitalter dieses Astronomen stammt. 
Es ist dies der Globus, den der im Mu 
seum zu Neapel befindliche Farnesische 
Herkules auf seinen Schultern trägt. Die 
Sternbilder sind auf demselben in erhabe 
ner Arbeit dargestellt, und nach der Lage 
des Frühlingspunkts würde die Entste 
hung dieses Globus etwa auf 300 v. Chr. 
zu setzen sein. Auch die arabischen, persi 
schen und andre mohammedanische Astro 
nomen des Mittelalters haben zahlreiche 
Himmelsgloben, zum Teil in trefflicher 
Arbeit, ausgeführt, von denen uns viele 
noch in den Museen erhalten sind. Zu 
den ersten S. gehört die um 1515 von dem 
Nürnberger Heinvogel entworfene und 
von Albrecht Dürer in Holz geschnittene; 
größere Verbreitung fand aber erst der 
aus 51 Karten bestehende Atlas des Augs 
burger Rechtsanwalts Bayer, der 1603 
unter dem Titel: »Uranoinetria nova« 
erschien, und in welchem zuerst die noch 
heute übliche Bezeichnung der Sterne der 
einzelnen Konstellationen mit den Buch 
staben des griechischen und lateinischen 
Alphabets angewandt wird. Aus dem 17. 
Jahrh, sind ferner der unter dem Titel: 
»Coelum stellatum christianum« 1627 
erschienene Atlas des Jesuiten Schiller, 
in welchem die Sternbilder Heiligennamen 
haben, und der aus 54 Karten bestehende 
Atlas Hevels zu erwähnen, der 1690 
nach seines Autors Tod unter dem Titel: 
»Isirmameutrim Sobieseianum« erschien. 
Einen wesentlichen Fortschritt bezeichnet 
der aus 28 großen Karten bestehende »At- 
las coelestis britannicus«, von Flam- 
steed nach eignen Beobachtungen ent 
worfen und nach seinem Tod 1729 ver 
öffentlicht, der lange Zeit allgemein bei 
den Astronomen im Gebrauch war. Eine 
Reduktion der Flamsteedschen Karten ent 
hält der »Atlas céleste« von Fortin 
(1776), von dem 1795 Lalande und 
Mechain eine neue Ausgabe veranstal 
teten. An diesen Atlaö schließt sich B o d e s 
»Vorstellung der Gestirne auf 34 Tafeln« 
(1782,2. Ausg. 1805), welche 5000 Sterne 
enthält. Mit Beginn des neuen Jahrhun 
derts erschienen dann die großen Bode- 
schen Himmelskarten unter dem Titel: 
»llrauoKraxbia« (1801). 
Dieses Werk bezeichnet ungefähr das 
Ende der ältern Periode der S., in wel 
cher man sehr großen Fleiß auf die genaue 
Darstellung der Figuren der Sternbilder 
verwendete und nicht bloß deren Umrisse 
angab, sondern die Bilder vollständig bis 
in alle Einzelheiten der Zeichnung auö- 
führte. Infolgedessen treten die Sterne 
selbst zurück gegen eine Masse von Linien 
und Figuren, von denen am Himmel nichts 
zu sehen ist. Man hat sich daher in neuerer 
Zeit damit begnügt, die Sternbilder nur
	        
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