Full text: Lexikon der Astronomie

508 Störungen. 
einem Brennpunkt die Sonne steht, und 
sein Radiuö Vector überstreicht in gleichen 
Zeiten gleiche Flächen. Es erscheint daher 
natürlich, zunächst diese elliptische Bewe 
gung, dann die verhältnismäßig geringen 
Abweichungen von derselben kennen 'zu 
lernen. Beim Mond ist allerdings die 
Masse des störenden Körpers, der Sonne, 
355,000mal so groß als die der Erde; 
da aber erstere nahe an 400mal so weit 
vom Mond absteht als erstere, so ist die 
störende Kraft doch nur ein geringer Teil 
der Zentralkraft, d. h. der Anziehung der 
Erde. Indessen sind beim Monde die durch 
die Sonne verursachten S. ziemlich be 
trächtlich. Weit bedeutender aber noch sind 
die S., welche die Kometen erleiden, wenn 
sie in die Nähe eines Planeten kommen; 
nicht nur wird die Umlaufszeit periodischer 
Kometen oft bedeutend geändert, sondern 
die Bahnen erleiden sogar in einzelnen 
Fällen so beträchtliche S., daß Kometen 
periodisch werden, die es vorher nicht 
waren, und umgekehrt. Dagegen haben 
sich die S. der Planeten, die durch Kome 
ten verursacht wurden, bis jetzt nicht nach 
weisen lassen. 
Nicht bloß die Masse^und Entfernung 
sowie die gegenseitige Stellung der Him 
melskörper kommen bei den S. in Betracht, 
sondern auch ihre Gestalt. Bei einer ho 
mogenen Kugel nämlich kann man sich die 
ganze anziehende Masse im Mittelpunkt 
vereinigt denken, bei anders gestalteten 
Körpern ist dies nicht mehr' in aller 
Strenge der Fall. Eine hierher gehörige, 
durch die abgeplattete Form der Erde ver 
ursachte Störung ist die Präzession (s. d.). 
Aber auch in der Bewegung des Mondes 
bewirkt diese Abweichung von der Kugel 
gestalt S., aus deren durch die Beobach 
tung festgestelltem Betrag Laplace seiner 
Zeit den Wert Vss» für die Abplattung der 
Erde abgeleitet hat. 
Man teilt dieS. in periodische und 
säkulare. Erstere wiederholen sich nach 
Ablauf einer verhältnismäßig kurzen Pe 
riode, während letztere längere Zeit hin 
durch in demselben Sinn fortdauern. Pe 
riodische S. des Mondes sind z. B. die 
Variation, die jährliche Gleichung und 
die Evektion, wogegen die Bewegung der 
Knoten - und der Apsidenlinie der Mond 
bahn ebenso wie die Acceleration der mitt 
lern Bewegung dieses Himmelskörpers zu 
den säkularen S. gehören. Ebenso sind Ex 
zentrizität, Neigung und Länge des Peri- 
hels sowie der Knoten bei den Planeten 
säkularen S. unterworfen. Der Unter 
schied zwischen periodischen und säkularen 
S. ist indessen kein durchgreifender, indem 
auch die letztern nicht immer in gleichem 
Sinn fortgehen, sondern bisweilen nach 
Ablauf einer längern Reihe von Jahrhun 
derten in die entgegengesetzten Änderun 
gen übergehen. So ist z. B. die Schiefe der 
Ekliptik gegenwärtig in langsamer Ab 
nahme begriffen; wie Lagrange gezeigt 
hat, wird diese Abnahme aber nur bis zum 
Jahr 6600 n. Chr. fortgehen, von da wird 
eine Zunahme eintreten (vgl. Schiefe der 
Ekliptik). 
Man kann die S. auch einteilen in 
solche, welche ihren Grund haben in den 
Örtern, welche die störenden Körper zu 
einer gewissen Zeit in ihren Bahnen ein 
nehmen, und solche, lvelche von der Größe, 
Gestalt und Lage dieser Bahnen selbst 
abhängen. Diese letztern werden im all 
gemeinen viel längere Perioden haben 
oder säkular sein, weil die Bahnen sich nur 
langsam ändern, während der Ort eines 
Himmelskörpers in seiner Bahn schnell 
wechselt. Die S. der erstern Art dagegen 
bilden die eigentlichen periodischen. Doch 
ist auch bei einigen von ihnen die Periode 
sehr lang. Besonders merkwürdig ist in 
dieser Hinsicht eine zwischen den beiden 
größten Planeten des Sonnensystems be 
stehende Störung, die sogen, große Glei 
chung, welche schon Halley konstatierte, 
deren Erklärung aber weder Euler noch 
Lagrange, sondern erst Laplace ge 
lang. Dre mittlern Bewegungen beider 
Himmelskörper und damit auch ihre Um- 
lausszeiten sind nämlich Veränderungen 
in einer Periode von 930 Jahren unter 
worfen, und zwar nimmt immer die mitt 
lere Bewegung des einen Planeten zu, 
wenn die des andern abnimmt. Am größ 
ten waren diese S. 1560, die Bewegung 
des Saturn war damals am langsamsten, 
die des Jupiter am schnellsten ; dann näher 
ten sich beide ihren mittlern Werten, die
	        
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