Breite.
63
Breitenbestimmung anfangs die Beobach
tung der Kulminationshohen der Sonne
mit Hilfe des Gnomons am längsten und
am kürzesten Tag; die halbe Differenz
beider Höhen gab ihnen die Schiefe der
Ekliptik, die halbe Summe aber die Äqua
torhöhe des BeobachtungöortS. Schon
Hipparch hat eine kleine Zusammenstel
lung solcher Bestimmungen gemacht, doch
überstieg selbst zu des Ptolemäos Zeiten
die Zahl beobachteter Breiten schwerlich ein
Dutzend. Außerdem waren die ältern Be
stimmungen nicht bloß wegen Nichtbeach
tung der Refraktion, die man nicht kannte,
falsch, sondern auch um den scheinbaren
Sonnenhalbmesfer, also um etwa 16 Bo
genminuten, zu klein, weil der Schatten
des Gnomons nickt durch die Höhe des
Sonnenmittelpunkts, sondern durch die
jenige des obern Sonnenrands bestimmt
wird. Als man später den scheinbarenLauf
der Sonne am Himmel genauer kannte
und ihre Deklination für die einzelnen
Tage in Tabellen zusammengestellt hatte,
konnte man die Beobachtung der Kulmi
nationshöhe der Sonne an jedem beliebi
gen Tag zur Bestimmung der B. benutzen.
2) Man beobachtet einen Zirkumpolar-
stern in seinen beiden Kulminationen;
sofern auch die obere Kulmination auf
der Nordseite des Zeniths erfolgt, ist die
B. der halben Summe der beiden Kul
minationshöhen gleich. Diese Methode
wird schon von dem im 13. Jahrh, zu
Marokko lebenden Abul Hassan erwähnt;
die Mangelhaftigkeit der damaligen Meß-
instrumente hat aber, wie cs scheint, die
selbe damals wenig zur Geltung kom
men lassen, und so ist sie erst durch T y ch o
Brahe oder nach andern Angaben durch
Rothmann in die Praris eingeführt
worden. Brahe wandte namentlich die
Kulminationen des Polarsterns an.
3) Steht ein Fernrohr zur Verfügung,
welches sich um eine vertikale Achse drehen
läßt und welches einen festen und einen
durch eine Mikrometerschraube beweglichen
horizontalen Faden in seinem Fadenkreuz
hat, mit dessen Hilfe man kleine Distan
zen messen kann. so kann man zur Brei
tenbestimmung zwei Sterne von bekann
ter Deklination benutzen, die in nahezu
gleicher Höhe, der eine auf der Süd-, der
andre aus der Nordseite des Zeniths, kul
minieren. Man stellt nämlich den Fa
den auf den einen Stern bei seiner Kul
mination ein, dreht nachher das Fernrohr
ohne Änderung seines Neigungswinkels
gegen den Horizont um die vertikale Achse
und stellt den beweglichen Faden auf den
andern Stern ein, sobald derselbe in den
Meridian tritt. Die B. ergibt sich dann,
wenn man die halbe Summe aus den
Deklinationen beider Sterne um den hal
ben Fadenabstand (ausgedrückt in Win
kelmaß) vermehrt oder vermindert, je
nachdem der nördlich oder der südlich kul
minierende Stern höher steht. Diese Me
thode macht den Höhenkreis entbehrlich,
auch braucht man die Refraktion nicht zu
berücksichtigen, dadieselbe sürbeide Sterne
denselben Wert hat und die Kulminations
höhe nicht in Betracht kommt. Diese Me
thode rührt von Horrebow her und ist
neuerdings von dem anierikanischenAstro
nomen Talcott wieder in Erinnerung
gebracht worden.
4) Die bisher aufgeführten Methoden er
fordern Höhenbeobachtungen in der Ebene
des Meridians. Aber auch durch eine
Höhenbeobachtung außerhalb des Meri
dians läßt sich die B. finden, wenn außer
dem noch die Zeit, also auch der Stunden
winkel, bekannt ist. Im Art. Höhe ist
gezeigt, daß zwischen der Höhe si eines
Sterns, seiner Deklination ck, der B. q>
und dem Stundenwinkel t die Gleichung
stattfindet
sinir — sin (s sin <? -f- cos </> cos ck cost.
Aus dieser Gleichung läßt sich nun </> be
rechnen, doch wollen wir aus diese Rech
nung nicht weiter eingehen.
Eine wesentliche Vereinfachung tritt ein,
wenn die Beobachtung in der Nähe des
Meridians erfolgte, also der Stunden
winkel 1 nur sehr klein ist, wenn man also
eine sogen. Zirkummeridianhöhe be
obachtet hat. Da nämlich in der Nähe des
Meridians die Höhen sich nur langsam
ändern, so kann die gemessene Höhe h
näherungsweise als Kulminationshöhe be
trachtet werden, und man erhält dann für
die B. des Beobachtungsorts den Wert
= 90°—h oder ck — (90°—h),