Doppelstcrne. 89
man ihnen größere Aufmerksamkeit wid
mete. Newtons Zeitgenosse und Neben
buhler Nob. Ho o ke erkannte zuerst 1644,
daß y im Widder aus zwei Sternen be
steht, und Dom. Cassini erkannte die
Duplizität von « in den Zwillingen und ß
im Skorpion; er löste ferner den Stern &
im Orion in vier Sternchen auf, von denen
auch H u y g e n s eine sehr richtige Zeichnung
gegeben hat. Der obenerwähnte Stern
Mizar (Q im Großen Bären wurde von
Flaugergues 1787 doppelt gesehen,
und so wurden gelegentlich noch andre D.
entdeckt. Im ganzen waren deren gegen
die Mitte des vorigen Jahrhunderts etwa
20 in den Fixsternverzeichnissen ange
geben. Aber so wie man die Fixstern-
gruppen des Hinwrels für rein zufällige
Erscheinungen hielt, ohne an eine Zusam
mengehörigkeit der einzelnen Sterne zu
denken, so meinte man auch, die D. seien
nur optische Erscheinungen, hervorgebracht
durch den Umstand, daß die Verbindungs
linie der Erde mit dem einen Stern
auch nahezu durch den andern geht, wäh
rend die Entfernung des einen Sterns
viel größer sein mag als die des andern,
©stillet hat auch darauf hingewiesen,
wie man aus den im Lauf eines Jahrs
vor sich gehenden scheinbaren Bewegun
gen des nähern Sterns in bezug auf den
viel weiter entfernten die Parallaxe des
erstern finden könne. Daß wir es bei vielen,
wenn auch nicht bei allen Doppelslernen
mit physischen Systemen zu thun haben,
d. h. daß die Komponenten infolge ihrer
gegenseitigen Nähe und der zwischen ihnen
herrschenden Anziehungskräfte sich um
einander bewegen, haben zuerst in der
zweiten Hälfte des vor.gen Jahrhunderts
I. H. Lambert, I. Micheli und Chri
stian Mayer vermutet.
Lambert sprach in seinen gedanken
reichen »Kosmologischen Briefen über die
Einrichtung des Weltbaus« die Ver
mutung aus, daß die Fixsterne, ähnlich
unsrer Sonne, auch von dunkeln Ster
nen, Planeten und Kometen umkreist
werden, und auch von den nahe bei ein
ander stehenden Fixsternen glaubte er,
daß sie in verhältnismäßig kurzer Zeit
eine Revolution um ihren gemeinsamen
Schwerpunkt vollenden. Der englische
Pfarrer John Micheli aber wandte die
Wahrscheinlichkeitsrechnung auf die Frage
an, ob die enge Gruppierung vieler Sterne
zufällig sei oder nicht, und zeigte, daß man
500,000 gegen 1 bararsi wetten könne, daß
die Zusammenstellung von sechs Hanpt-
sternen in den Plejaden nicht ein Werk
des Zufalls sei, daß vielmehr eine innere
Verbindung dieser Sterne vorhanden sein
müsse; ebenso dürfe man die Mehrzahl
der D. nicht bloß als optische Ergebnisse
betrachten, vielmehr müsse man sie als zu
einander gehörige Sterne ansehen, die
durch einen gegenseitigen Einfluß, vielleicht
die Gravitation, zusammengehalten wer
den, und von denen der kleinere um den
größern läuft.
Zu der gleichen Ansicht wie diese beiden
Forscher durch theoretische Erwägunben
gelangte Christian Mayer durch die fleißi
gen Beobachtungen, die er auf den von
seinem Gönner, dem Kurfürsten Theodor
von der Pfalz, für ihn erbauten Stern
warten in Schwetzingen und Mannheim
anstellte. Mayer ist überhaupt als der
Erste namhaft zu machen, der die Erfor
schung der D. auf dem zuverlässigen
Weg der Beobachtung zum Ziel seiner
Thätigkeit machte. Indem er durch Be
obachtungen im Meridian die Abstände
der Komponenten in Rektaszension und
Deklination bestimmte, gelang es ihm,
aus seinen eignen Messungen und aus
denen älterer Beobachter Positionöverän-
derungen nachzuweisen, wobei er freilich
nicht beobachtete, daß in einzelnen Fällen
ein Teil dieser Änderungen auf Rechnung
der Eigenbewegung der Sterne zu setzen
ist. Auf solche Weise hat Mayer 80 D.
beobachtet, von denen 67 einen geringern
Abstand als 32 Bogensekunden haben;
die meisten derselben sind von ihm durch
das für seine Zeit vortreffliche achtfüßige
Fernrohr des Mannheimer Mauerqu'a-
dranten beobachtet worden, und einige ge
hören zu den ziemlich schwierig wahrnehm
baren Objekten. Vgl. seine »Griindliche
Verteidigung neuer Beobachtungen von
Fixsterntrabanten« (1778). Der Aus
druck »Firsterntrabanten«, dessen sich
Mayer bediente, um das Verhältnis der