EINLEITUNG.
„Darstellende Geometrie“ ist jene Wissenschaft, welche sich
damit beschäftigt, gedachte oder wirklich vorhandene räumliche Gebilde
durch andere räumliche Gebilde oder aber auch durch Gebilde auf einer
vorgegebenen Oberfläche derart zu ersetzen, dass diese „abgeleiteten
Gebilde“ nicht nur über die Größe, Form und Lage der ursprünglichen
Gebilde die genaueste und sicherste Aufklärung bieten, sondern, dass
auch aus den Eigenschaften der abgeleiteten Gebilde Rückschlüsse auf
jene der ursprünglichen Raumgebilde ermöglicht und deren gegenseitige
Beziehungen, sowie deren Eigenschaften aufgefunden und festgestellt
werden können.
In ersterer Beziehung, d.i. was die „Darstellung räumlicher Gebilde“
anbelangt, erscheint somit die „darstellende Geometrie“ gleichsam als
„Modellier- und Zeichenkunst“ im allgemeinen Sinne des Wortes; was
aber ihre zweite und wesentliche Aufgabe „die Untersuchung der
Eigenschaften räumlicher Gebilde“ auf dem Wege einer ihr
allein eigenthiimlichen Methode — der Darstellung — betrifft, nimmt
sie als mathematisch-constructive Wissenschaft mit derselben Berech
tigung wie die Mathematik ihren Ehrenplatz als exacte Wissenschaft,
in des Wortes vollster Bedeutung ein und ist auch als solche einer
streng systematischen und selbständigen Durchbildung fähig.
Das vorher als „ursprüngliches“ oder auch als „darzustellen
des“ Gebilde bezeichnete räumliche Gebilde pflegt man gewöhnlich das
„Original“ zu heißen, während das aus demselben, im Sinne der
darstellenden Geometrie, abgeleitete Gebilde, dessen „Darstellung“,
dessen „Abbildung“, „Abbild“, „Bild“ oder endlich auch dessen
„Pr ojection“ genannt wird. Die Bezeichnung „Projection“ ist jedoch
in der Regel nur für gewisse Abbildungen besonderer Art gebräuchlich.
Ist die „Abbildung“ eines räumlichen Gebildes selbst wieder ein
räumliches Gebilde, so pflegt man dasselbe ein „räumliches Ab
bild“ oder ein „Modell“ des Originales zu nennen; ist jedoch das
Pesclika, Darstellende u. projective Geometrie. 1