£Dev dem Menschen inwohnende Trieb, sinnlich Wahrgenom
menes, Empfundenes oder Gedachtes Anderen mitzutheilen, findet
verschiedene Mittel, sich zu äußern. Entweder dienen ihm hierzu
Sprache, oder Töne, oder Geberden, oder bildliche Darstellungen.
Geschieht die Anwendung dieser Mittel auf eine wahre und zugleich
schöne Weise, so ist sie Kunst, und gehört je nach der Art der Mittel
dem Gebiete der Poesie, oder der Musik, oder der Schauspielkunst,
oder dem der sogenannten bildenden Künste an.
Um der Aufgabe dieser Blätter nahe zu bleiben, sehen wir von
einem Eingehen auf -das Wesen der Kunst im Allgemeinen ab uitb
fassen nur die letztgenannten Künste, welche die Malerei, die Sculp-
tur und die Architektur in sich begreifen, ins Auge. Es leuchtet ein,
daß diese ihre Typen ausschließlich dem sinnlich Wahrnehmbaren
entlehnenden Künste vor allen anderen der Bestimmtheit und Ge
diegenheit des Ausdruckes bedürfen, da ihre Erzeugnisse nicht allein
vor den Sinnen des Beschauers ruhend verweilen und nur allmäh
lich auf seine Vorstellung wirken, sondern auch, was wesentlich die
Schöpfungen der Malerei und Sculptur betrifft, die Aufgabe haben,
eine ganze Reihe von Momenten in einen einzigen ausführlich be
schreibend zusammenzufassen.
Gennerich, Perspective. 1