Vermag das Auge die Bahn eines schnell bewegten Objectes zu 8- N2.
übersehen und ist die Bewegung vollends eine gleichmäßige, so währt,
auch wenn das Object nur mittelmäßige Leuchtkraft hat, der dadurch
hervorgerufene Lichteindruck auf der Netzhaut noch fort, nachdem das
Object den Ort verändert hat. So erscheint ein auf die Grundfläche
eines Kreisels gemalter Fleck bei der Drehung als ein Kreis.
Das Fortbestehen der von bewegten Objecten herrührenden §. 113.
Lichteindrücke auf der Netzhaut ist besonders deutlich durch den
Busolt'schen Farbenkreisel nachzuweisen. Die Scheibe desselben
ist mit den sieben prismatischen Farben in der Ordnung, wie sie
das Sonnenspectrum zeigt, und in einem der Intensität der Farbe
stoffe entsprechenden Mengeverhältnisse bemalt. Wird der Kreisel in
Bewegung gesetzt, so kann das Auge wegen der außerordentlich
schnellen Rotation der Scheibe die einzelnen Farben nicht unter
scheiden; es wirken vielmehr die Eindrücke aller Farben so schnell
nach einander und so oft wiederholt auf die einzelnen Punkte der
Netzhaut, daß das Auge den Eindruck einer weißlich leuchtenden
Fläche empfängt. Wäre es möglich, die Farben des Sonnenspectrums
in ihrer vollen Reinheit auf der Kreiselscheibe zu fipiren, so müßte
diese während ihrer Rotation die sämmtlichen Farben zu Hellem
weißen oder vielmehr farblosen Lichte gemischt vorführen.
Auf das Fortbestehen der Lichteindrücke im Auge nach dem
Verschwinden ihrer Ursachen gründen sich mancherlei unterhaltende
optische Beobachtungen, wie z. B. die am Thaumatrop, an den
stroboskopischen Scheiben u. dgl. in., von deren Erörterung hier
jedoch füglich Abstand genommen werden darf.
d) Das Sehen mit beiden Augen.
Bei dem Sehen mit beiden Augen stellen sich diese, wie schon 8- 114.
in §. 92 angeführt ist, unwillkührlich so, daß ihre Achsen genau nach
dem zu sehenden Punkte gerichtet sind und jedes Auge ein Bild des
Punktes auf der empfindlichsten Stelle der Netzhaut empfängt. Die
beiden Sehnerven, welche als Zweige eines und desselben Sinnes
nerven thätig sind — denn schon vor ihrem Eintritt ins Gehirn
kreuzen sie sich nicht allein, sondern Fäden des einen gehen in den
Gennerich, Perspective. 5