Lehrgang.
I. Abschnitt.
Die Linienperspektive.
A. T h e o r i e.
Man hat den im folgenden zur Behandlung gelangenden Teil der Perspektive
mit dem Namen Linienperspektive belegt, weil er lehrt, wie Gegenstände nach
ihren blossen Umgrenzungslinien in Perspektive zu setzen sind.
Die ersten Auseinandersetzungen über Linienperspektive führen uns wieder
hinaus ins freie Feld. Das Stück Erdoberfläche, das uns von dort aus sichtbar ist,
erscheint uns als eine Kreisfläche, deren Mittelpunkt unser Standpunkt ist. Diese
Fläche ist unser Gesichtskreis.
Da unser Gesichtskreis in der Perspektive als mathematische Ebene
von horizontaler Richtung fungiert, indem er als solche allen in Perspektive zu setzenden
Objekten zu Grunde liegt, so nennt man ihn dort die Grundebene.
Inmitten dieser Grundebene stellen wir den Beschauer (uns!) vorübergehend
derart auf, dass vor ihm Süden, hinter ihm demnach Norden, rechts Westen und links
()sten liegt. I nd dabei nehmen wir an, dass unweit vor seinem Standort Ackerfurchen
gezogen seien, die in der Richtung nach Süden verlaufen, rechts von ihnen solche, die
nach Südwesten, und links von ihnen solche, die nach Südosten gerichtet sind. Fig. 1,
Tat. \II. An ihnen wollen wir all die wichtigen Beziehungen kennen lernen, die
zwischen dem Darzustellenden und der Darstellung existieren.
Die in Rede stehenden Furchen dürfen wir betrachten als die Linien dreier
horizontalen Systeme, als Systeme deshalb, weil Ackerfurchen ihrer Natur nach
einander parallel sind, und als horizontale Systeme deswegen, weil sie auf der
wagerechten Grundebene liegen; der Kürze wegen wollen wir sie bezw. bezeichnen als
Süd-, Süd west- und Südostsystem. Ihre Verschwindepunkte birgt sonach der
Horizont, und zwar liegen die des Südsystems im S ü d - und Nordpunkt, die
des Südwestsystems im Süd west- und Nordostpunkt und die des Südostsystems
im S ii d os t- und Nord westpu n k t des Horizontes.
Nun ist aber der Südpunkt des Horizontes der Punkt, in dem ein von dem
Auge des Beschauers ausgehender wagerechter und genau südwärts gerichteter, also
dem Südsystem unserer Ackerfurchen parallel verlaufender Sehstrahl das Himmels
gewölbe trifft, ln gleicher M eise trifft ein solcher südwestwärts verlaufender Sehstrahl
den Süd west- und ein solcher südostwärts verlaufender den Südostpunkt des Horizontes.