Die Luftperspektive. A. Theorie.
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des Horizontes der Wirklichkeit, sohoch die Sonne über diesem steht. — Sonach hat
man behufs der Ermittelung der Perspektive des Spiegelbildes der Sonne vom Mittel
punkte des Sonnenbildes eine Senkrechte auf den Bildflächenhorizont zu fällen, dieselbe
untenhin um sich selbst zu verlängern und um ihren Endpunkt einen Kreis zu ziehen,
dessen Halbmesser dem des Sonnenbildes gleich ist. — Dasselbe gilt auch vom Spiegel
bilde des Mondes.
Bei gewellter Spiegelfläche wirkt jede einzelne Welle derselben als ein be
sonderer Spiegel. Die Gesamtheit der Spiegelungen solcher Wellen zeigt sich dem
Beschauer nur als eine mehr oder weniger undeutliche — verschwommene — Wieder
gabe des sich spiegelnden Originalgebildes. — Die durch eine gewellte Spiegelfläche
bewirkte Verundeutlichung des Spiegelbildes tritt am greifbarsten in die Erscheinung
an den Spiegelbildern starker Lichtquellen, z. B. der Sonne, des Mondes und der Ufer
laterne in dunkler Nacht. Das Gesamtspiegelbild lässt hier die Gestalt des sich spiegeln
den Originals kaum noch erkennen und wird um so undeutlicher, je höher die Wellen
berge und je tiefer die Wellenthäler der Spiegelfläche sind — wird zum kometenartigen
Streifen, der den Glanzpunkt am fernen Ende hat.
IV. Abschnitt.
Die Luftperspektive.
A. Theorie.
Die Linien-, die Schatten- und die Spiegelperspektive lehren insgesamt, wie
Gegenstände, Schlagschatten und Spiegelbilder nach ihren Umgrenzungslinien
in Perspektive zu setzen sind. — Gegenstände, Schlag- (und Körper-)
schatten und Spiegelbilder nach der Intensität von Licht, Schatten
und Farbe in Perspektive zu setzen, lehrt die Luftperspektive.
I. Die Luftperspektive in Bezug auf Licht und Schatten — auf einfarbige
schattierte Bilder.
1. Das Gesetz von der Luftperspektive: Die Intensität des Lichtes
und des Schattens einer Fläche nimmt scheinbar in dem Masse ab,
in dem sich die Fläche vom Auge des Beschauers entfernt.
Fig. 25, Taf. VIII, stellt drei tiefenwärts bis ins Unendliche sich erstreckende
Bechtecke dar, von denen das eine, das Rechteck b P c, bloss zufolge gewisser Be
leuchtung existiert. Jede dieser Rechteckflächen ist — Sonnenbeleuchtung an
genommen — in Wirklichkeit in jeder beliebigen Tiefe gleich hell bez. gleich dunkel.
Es ist also die Fläche e P d, die direkt beleuchtet ist, in Wirklichkeit in jeder be
liebigen Tiefe gleich viel hell, die Fläche b P c, die den von a P b verursachten
Schlagschatten vorstellt, gleich viel dunkel und die Fläche a P b, die für direkte
Lichtstrahlen nicht erreich- und somit auch nicht direkt beleuchtbar ist, gleich
m ä s s i g dunkel. Scheinbar aber ist die Licht- und Schattenstärke solcher
Flächen in den verschiedenen Tiefen verschieden.
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