Full text: Die Perspektive als selbständige Darstellungsweise

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Die Luftperspektive. A. Theorie. 
Fassen wir z. B. die durch zwei unsern senkrechten Flächen analog gestellte 
und beleuchtete Häuserreihen bedingte Verteilung von Licht und Schatten näher ins 
Auge, so nehmen wir wahr, dass der von der linken Reihe verursachte Schlagschatten 
in der Nähe sehr — deutlich — in der Ferne wenig — weniger deutlich — 
dunkel und die rechte Reihe in der Nähe sehr — deutlich — in der Ferne wenig 
— weniger deutlich — hell erscheint Entsprechendes gilt von der scheinbaren 
Stärke des Körperschattens der linken Häuserreihe. Und wären die Häuserreihen 
nach der Tiefe hin bis ins Unendliche fortgesetzt, so würden wir wahrnehmen, dass 
die scheinbare Stärke — Deutlichkeit — von Licht und Schatten an unendlich fernen 
Partien gleich 0, dass also selbst der Unterschied zwischen Licht und Schatten ver 
schwunden wäre. 
Diese Erscheinung rührt daher, dass zwischen dem Auge des Beschauers und 
fernen Naturgegenständen mehr das deutliche Sehen beeinträchtigende Luft vorhanden 
ist als zwischen ebenjenem Auge und nahen Objekten. 
Jegliche zufolge des Gesetzes von der Luftperspektive hervorgerufene A b- 
t ö n un g in der Stärke von Licht und Schatten beruht ausschliesslich 
auf dem Einflüsse der atmosphärischen Luft und ist eine scheinbare. 
2. Das Gesetz von der Reflexion: Beleuchtete Flächen und er 
leuchtete Luftmassen besitzen die Fähigkeit, je nach dem Grade 
ihrer Helligkeit grössere oder geringere Licht mengen in ihre Um 
gebung auszustrahlen — Licht zu reflektieren. 
Oben hiess es: Die Fläche a P b sei für direkte Lichtstrahlen nicht erreich- 
und darum auch nicht direkt beleuchtbar. Das lässt vermuten, dass ein Aufhellen 
der Fläche trotzdem stattfindet Und es ist das der Fall; und zwar ist das Licht, das 
ihre Dunkelheit mindert, zurückgeworfenes oder Reflexlicht. Demzufolge 
ist die genannte Fläche um etwas weniger dunkel als die Schlagschattenfläche b P c. 
Zwar empfängt auch diese eine gewisse Menge reflektierter Lichtstrahlen, indes nicht 
eine ebensogrosse, wie sie die Fläche a P b aufnimmt; denn diese wird getroffen von 
Reilexlicht, das die Flächen d P e und c P d zurückstrahlen, jene aber nur von 
solchem, das die Fläche d P e abgiebt. 
Gebogene Flächen erfahren durch diese Reflexion zugleich eine Abtönung 
in der Stärke von Licht und Schatten, was daher rührt, dass parallele Lichtstrahlen — 
und zwar direkte sowohl, wie indirekte — solchen Flächen unter verschiedenen 
W i n k e 1 n begegnen. 
Überdies werden Licht- und Schattenflächen auch durch solche Reflexions 
strahlen aufgehellt, die die benachbarte erleuchtete Atmosphäre gegen sie ausstrahlt 
Zufolge solcher Ausstrahlung ist z. B. die Schlagschattenfläche b P c in der Nähe 
ihrer äusseren Grenze weniger dunkel als in der Nähe der schattenwerfenden Fläche, 
ist also gleichfalls abgetönt 
Zurückgeworfene Lichtstrahlen der bisher besprochenen Art können die volle 
Wirkung direkter Lichtstrahlen nicht erreichen. 
Ist jedoch die reflektierende Fläche ein Spiegel, so steht die Wirkung der 
Reflexionsstrahlen derjenigen direkter Lichtstrahlen kaum nach, übertrifft sie sogar, wenn 
der Spiegel konkav ist 
Fallen die Reflexionsstrahlen einer Spiegelfläche in unser Auge, so sehen wir 
in der Richtung, aus der sie kommen, G 1 a n z 1 i c h t.
	        
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