Kapitel XI. Artikel 82, 83.
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denen die Ebenen von den Lichtstrahlen getroffen wer
den, oder, mit andern Worten, wie die Kosinuse der Win
kel, welche die Lichtstrahlen mit den Senkrechten auf
den Ebenen bilden. Bei gekrümmten Flächen ist jedes
Flächenelement ebenso hell wie die zugehörige tangierende
Ebene. Die Lichtstärken verschiedener Punkte einer be
leuchteten gekrümmten Fläche verhalten sich also wie die
Kosinuse der Winkel, welche die Lichtstrahlen mit den
Normalen der Fläche in diesen Punkten bilden.“
Dieses Gesetz wird durch folgende Betrachtung ge
wonnen. Es sei in Figur 81 die Horizontallinie L die Rich
tung des Lichtstrahls (das heisst, das Grundebenensystem
sei so gewählt, dass die im Raum geneigte Richtung des
Lichtstrahls als horizontale Linie auftritt). ab sei ein ebenes
Rechteck, senkrecht zum Lichtstrahl gerichtet und von
der Höhe h. Dieses Rechteck wird getroffen von einem
vierseitig prismatischen Lichtstrahlenbüschel, dessen Quer
schnittsfläche gleich ist der Fläche des Rechtecks, also
ausgedrückt ist durch ab . h. — Denkt man sich nun das
Rechteck um seine Kante aa' in die Lage a c gedreht, so
wird das Lichtstrahlenbüschel, das in dieser Lage seine
Ebene trifft, kleiner sein; es wird einen Querschnitt
haben gleich ag.h. — Dreht man das Rechteck weiter
in die Lage a d, so wird das Lichtstrahlenbüschel aber
mals kleiner; es wird einen Querschnitt haben gleich af. h.
Daraus folgt, dass die Lichtmengen auf dem Rechteck in
den zwei beliebigen Lagen a c und a d sich verhalten wie
ag zu af oder wie sin acg zu sin adf; denn sin acg
= ^4 und sin adf— Also verhalten sich die Licht-
a b J a b
Strahlenbüschel, welche zwei beliebige Lagen der recht
eckigen Ebene treffen, mit andern Worten die Lichtmengen
auf der Ebene, wie die Sinuse der Winkel, welche die
Lichtstrahlen mit dieser Ebene bilden. Dies trifft nicht
etw r a nur beim Rechteck zu, sondern eine einfache Be
trachtung kann lehren, dass für jede beliebige ebene Figur
der Querschnitt des Lichtstrahlenbündels gleich ist der
Fläche der Figur mal dem Sinus des Winkels der Licht
strahlen mit der Fläche.
82. Lichtstufen auf der Lichtseite der Kugel.
Als erster Gegenstand der \ T erwertung des Gesetzes
über die Lichtstärken sei die Kugel gewählt. Der ge
zeichnete Kreis (Figur 82) sei die Horizontalprojektion
einer Kugel in einem Grundebenensystem, in welchem
die Richtung des Lichtstrahls wieder dargestellt ist durch
die Horizontallinie L. Man zieht einen Kugeldurchmesser
parallel zum Lichtstrahl und teilt ihn in 8 gleiche Teile;
durch die Teilpunkte legt man Ebenen senkrecht zum
Lichtstrahl; diese schneiden die Kugel nach 7 Kreisen,
die sich in der Figur als gerade Linien projizieren und
von welchen der mittlere als Grosskreis die Grenze zwi
schen Licht und Körperschatten bildet, indem längs dieses
Kreises die Lichtstrahlen die Kugel berühren. Der Punkt
h, in welchem der Lichtstrahl zusammenfällt mit der Nor
malen auf der Kugelfläche, wird der hellste Punkt sein.
In jedem Punkt des Parallelkreises c d bildet der Licht
strahl mit dem Kugelradius, das heisst mit der Normalen
auf der Kugelfläche, denselben Winkel ß%; denn wie dieser
Winkel in der Figur erscheint, so ist er in jeder andern
Ebene, die durch den Durchmesser h r gelegt wird. Also
wird die Lichtstärke der Kugelfläche längs des ganzen
Parallelkreises c d dieselbe sein. Dasselbe gilt für den
Parallelkreis a b, weil in allen seinen Punkten der Winkel
ß\ derselbe sein muss, endlich für den Parallelkreis ef mit
dem gleichbleibenden Winkel ß3.
Wendet man das Gesetz an, dass sich die Licht
stärken verschiedener Flächenpunkte verhalten wie die
Kosinuse der Winkel des Lichtstrahls mit den Normalen
in diesen Punkten, so iindet sich, wenn mit h die Licht
stärke im Punkt h und mit a b die Lichtstärke längs des
Kreises a b bezeichnet wird, die Proportion:
h : ab : cd : ef: gk — coso 0 : cosßi : cosß> : cosßs : cospo 0 .
Nun ist aber
cos o° = 1
cos ßi — cos boh = olob = 3 /4
cos ßi = cos doli — o m/o d = 2 / 4
cos ßs = cos foh = o n/o f = V4
cos 90° =0.
Also verhalten sich jene Lichtstärken wie 1 : 3 /4 : 2 4: */4 : o,
oder wie 4 : 3 : 2 : 1 : o.
Hätte man etwa den Kugelradius 0 h in 6 gleiche
Teile anstatt in 4 geteilt, so wäre für die Lichtstärken
erschienen das Verhältnis 6 : 5 : 4 : 3 : 2 : 1 : o, und damit
ein geringerer Unterschied der Lichtstärke von einem
Parallelkreis zum andern.
Reflexli ch tw'irkung. Lichtstufen auf der Schatten- 88.
seite der Kugel.
Was die vom Sonnenlicht abgew 7 an.dte Hälfte der
Kugel betrifft, so wäre sie unter der gemachten A'oraus-
setzung, dass die direkten Lichtstrahlen keine weiteren
Lichtquellen hervorrufen, durchaus gleich dunkel wie der
schattenabgrenzende Grosskreis; sie würde also durchaus