Kapitel VII. Artikel 55, 56.
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VII. Schatten auf Drehungsflächen.
55. Erstes Verfahren für Körper- und Schlagschatten
grenzen: Drehungsflächen mit Achse senk
recht zu einer Grundebene nach der all
gemeinen Lösung für gekrümmte Flächen
behandelt.
Diejenigen Lagen der Drehungsflächen, bei welchen
die Achsen vertikal, oder senkrecht zur Vertikalebene,
oder parallel zum Grundschnitt gerichtet sind, wurden
schon in Art. 30 u. 31 als Fälle der Anwendbarkeit der
allgemeinen Lösung für gekrümmte Flächen behandelt.
Dieses erste Verfahren für beide Arten von Schatten
grenzen ist aber im allgemeinen nicht nur zeitraubender,
sondern auch wegen der in Art. 35 beschriebenen Mängel
minder zweckmässig als die im folgenden unter Art. 56,
57 und 61 beschriebenen.
Bei Drehungsflächen mit kreisförmigen oder kegel
schnittförmigen Meridianen lassen sich die Körper
schattengrenzen nach Art. 56 u. 57 mit voller Be
stimmtheit erhalten; für andere Meridianlinien sind zwar
' auch beu diesen Verfahren die Berührungspunkte von
Tangenten schätzungsweise einzutragen, was noch immer
eine Unsicherheit mit sich bringt; diese ist aber geringer
als bei der allgemeinen Lösung.
Für Schlagschattengrenzen ist das in Art. 61
beschriebene Verfahren, das leider fast nur in denjenigen
Fällen rasch fördert, in welchen ein Parallelkreis als
Kante den Schatten wirft, in erster Linie gebräuchlich.
Wo ein berührender Lichtstrahlencylinder die Schatten
grenze erzeugt, da hat für diese meist die allgemeine Lö
sung einzutreten, die ja für die Schlagschattengrenzen
minder unsicher ist als für Körperschatten. Die schärfere
Bestimmung der letzteren nach den Verfahren in Art. 56
und 57 kommt hiebei auch der genaueren Konstruktion
der Schlagschattengrenze zu gut, da diese den Schatten
der Körperschattengrenze darstellt, so z. B. in der Be
schattung und Selbstbeschattung nach Figur 37. In be
stimmten Fällen ist auch die Schlagschattenbestimmung
nach Art. 62 zweckmässig.
56. Zweites Verfahren für Körperschattengrenzen
auf Drehungsflächen, mit Hilfe von berüh-
' renden Kreiskegeln.
Wenn man sich (Figuren 56 a u. 56 b) an irgend einen
Meridian einer Drehungsfläche eine Tangente gezogen
denkt und diese mit dem Meridian um die Achse dreht,
so beschreibt der Berührungspunkt einen Parallelkreis
und die Tangente selber eine Kegelfläche, deren Spitze
in der Drehachse liegt. Diese Kegelfläche hat eine un
endlich niedere Zone gemeinschaftlich mit der Drehungs
fläche, und wo die Schattengrenze auf dieser Zone als
einem Bestandteil des Kegels liegt, da muss sie auch lie
gen , wenn man die Zone als Bestandteil der Drehungs
fläche betrachtet. Wenn man also nach bekanntem Ver
fahren die Schattengrenze auf dem Kegel konstruiert und
zusieht, wo die schattenabgrenzende Mantellinie den Par
allelkreis schneidet, so hat man im erhaltenen Schnitt
punkt zugleich einen Punkt der Körperschattengrenze auf
der Drehungsfläche. Wo die Tangente am Meridian par
allel wird zur Achse, da geht die Kegelfläche in eine
Gylinderfläche über, und
es ist auch auf dieser
die schattenabgrenzende
Mantellinie in bekannter
Weise zu suchen. Zu be
achten ist, dass für die
konvexen Drehungsflä
chen konvexe Kegel, für
die hohlen Drehungs
flächen Hohlkegel bei
zuziehen sind. Die Grenz
linien der Schatten sind
zwar für beide Fälle die
selben; aber die Licht
fläche des einen Falls
wird im andern zur
Schattenfläche.
Bei Anwendung die
ses Verfahrens findet sich,
dass die Kegelspitzen
und ihre Schatten meist
in zu grosse Ferne und
über das Zeichenblatt
hinausfallen. Man kann
aber in diesen Fällen die
Konstruktion trotzdem durchführen, indem man die zu
grossen Kegel auf die Hälfte oder einen anderen Bruch
teil ihrer Basis verkleinert, dann den Schattenpunkt in
diesem kleineren Massstab konstruiert und endlich den
erhaltenen Abstand von der Dreh
achse im gleichen Verhältnis wie
der vergrössert. Fig. 56 c soll
diese Hilfskonstruktion anschau
lich machen. Die Mantellinien
für den Kegelschatten sind nicht
wirklich zu ziehen, da man ja
nur ihren Fusspunkt braucht;
andere umständlich mit Worten
darzulegende Vereinfachungen
der am besten neben der Haupt
figur nur in kleinem Massstab
und mit einem einzigen Kreis
als Basis für alle Kegel auszu
führenden Hilfskonstruktion er
geben sich bei mehrmaliger Aus
führung von selbst.
Nach dem vorbeschriebenen
Verfahren lassen sich für alle
Drehungsflächen, besonders aber
für solche mit kreisförmigen Meridianstücken, rasch einige
wichtige Punkte der Schattenkurve konstruieren, welche die
Lage und Form dieser Kurve schon für viele Fälle genügend
einzuzeichnen gestatten. Bei einem Wulst mit vertikaler
Drehachse (Figur 56 d) lassen sich z. B. 8 Punkte ohne
eingehende Konstruktion leicht auffinden. Denkt man