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Krümmungen und Glassorten ohne Rücksicht auf Symmetrie frei
gewählt werden können, so vermögen unsymmetrische Objective,
abgesehen von nicht ganz correcter Zeichnung, im Allgemeinen
mehr Bedingungen zu genügen, wie symmetrische Objective. Die
lichtstarksten Porträtobjective sind unsymmetrisch.
Der in neuerer Zeit eingetretene Aufschwung der photographi
schen Optik wurde sehr wesentlich bedingt durch die Fortschritte
in der Glasfabrikation. Seit Erfindung der achromatischen Linsen-
combination aus Krön - und Flintglas konnte man einen grossen
Theil der Farbenabweichung beseitigen; es blieben aber farbige
Ränder übrig, das sogenannte secundäre Spectrum, und diese gelang
es nicht zu beseitigen, weil das Zerstreuungsvermögen der Glas
sorten für die verschiedenen Farben ein und desselben Spectrums
ein zu ungleichmässiges war. Ein weiterer Mangel der optischen
Glassorten bestand darin, dass zugleich mit dem Zei’streuungsver-
mögen auch der Brechungsexponent wuchs, während ein umgekehrtes
Verhalten die Beseitigung der Kugelgestaltfehler zugleich mit den
Farbenfehlern wesentlich erleichtert haben würde.
Professor Abbe in Jena, Leiter der Zeiss’sehen optischen
Werkstatt, veranlasste Dr. Schott Anfang der 80er Jahre zu ein
gehenden Versuchen, die optischen Gläser zu verbessern und neue
Mischungen herzustellen. Die preussische Regierung unterstützte
diese Versuche, welche auf Thermometergläser, Libellengläser,
Chemikalienbehälter etc. ausgedehnt wurden und bald einen durch
greifenden Erfolg erzielten. Durch Einführen der Phosphorsäure
in die optischen Gläser gelang es, grosses Brechungsvermögen mit
geringem Zerstreuungsvermögen zu vereinigen, und mit solchen
Gläsern auch das secundäre Spectrum der optisch-photographischen
Linsensysteme fast vollständig zu beseitigen. Um den Gläsern
zugleich auch die nöthige Widerstandsfähigkeit und Härte, sowie
Farblosigkeit und Klarheit zu geben, mussten in den so gewonnenen
Phosphatkron - und Boratflintgläsern die seither gebräuchlichen
Alkalien, Kali, Natron, Kalk und Bleioxyd durch andere, wie
Thonerde, Zinkoxyd und Schwerspath ersetzt werden, wodurch es
gelang, bei grosser Härte vollständig farbenreine Gläser herzustellen.
So sind in neuerer Zeit durch die zu einer blühenden Industrie
emporgewachsenen Jenenser Glasfabrikation den Optikern Gläser
zur Verfügung gestellt worden, welche es ihnen gestatten, durch
passende Auswahl und Verbindung derselben, Objectivsysteme her
zustellen, welche hohen Ansprüchen genügen, da sie wesentlich voll
kommenere Bilder liefern, wie die älteren Objectivsysteme, und
zwar je nach der einen oder der anderen Richtung, entsprechend
dem Zwecke, welchem dieselben dienen sollen. Dieser ist bei der
Auswahl eines Objectives ausschlaggebend. Zu photogrammetrischen