sind aber so ausserordentlich klein, dass man deren jährlichen Betrag
mit den allerfeinsten Instrumenten nicht zu messen vermag. Wenn jedoch
die Lage gegebener Fixsterne gegen gewisse Punkte und Kreise des Him
mels Tag für Tag und Jahr für Jahr genau bestimmt und diese Arbeit
Jahrzehnte und selbst Jahrhunderte lang fortgesetzt wird, so ergibt die
Vergleichung solcher zeitlich weit auseinander gerückten Lagenbestim
mungen doch so merkliche Unterschiede, dass aus ihnen sowohl auf das
Dasein einer fortschreitenden Bewegung der Fixsterne als auch auf die
Richtung dieser Bewegung geschlossen werden kann, wie ja auch auf
Grund solcher fast hundertjähriger Beobachtungen gefolgert wurde, dass
sich unsere Sonne, abgesehen von ihrer Axendrehung, gegen eine be
stimmte Stelle im Sternbilde des Herkules hinbewegt. Nur Selbstverleug
nung kann aber einen beobachtenden Astronomen bestimmen, mühsame
Arbeiten auszuführen, die ihm zur Zeit ihrer Veröffentlichung und selbst
während eines langen Lebens nicht einmal ein Bischen Ehre einzutragen
vermögen, da ihr Wert in der Regel erst nach seinem Tode durch Ver
gleichung mit anderen vorausgehenden und nachfolgenden Beobachtungen
erkannt werden kann.
Unter Soldners rein mathematischen Abhandlungen nimmt die fran
zösisch geschriebene und im Jahre 1809 hier bei Lindauer gedruckte
„Theorie und Tafeln einer neuen transzendenten Funktion“ eine hervor
ragende Stelle ein. Sie handelt von den Integrallogarithmen und zeigt
in einigen Fällen die Anwendung derselben auf Probleme der höheren
Analysis. Veranlassung zur Erfindung und Bearbeitung der in Rede
stehenden Funktion erhielt Soldner bei dem Entwürfe seiner schon er
wähnten Denkschrift über die Berechnung geodätischer Dreiecksnetze, in
der sie auch bei der Untersuchung der Eigenschaften der kürzesten Linie
auf dem Sphäroide eine wichtige Rolle spielt 6 ).
Von seinen geodätischen Schriften sei hier zunächst der „Vorschlag
zu einer Gradmessung in Afrika“ genannt, den Soldner schon im Jahre
1804 in Zachs „Monatlicher Korrespondenz zur Beförderung der Erd- und
Himmelskunde“ machte. Es ist dieser Vorschlag noch heute beachtenswert
und eigentlich jetzt erst ausführbar, wo das grosse wissenschaftliche Unter
nehmen der Europäischen Gradmessung im Gange und das von Soldner
ins Auge gefasste Territorium, das Kongogebiet, unter den Schutz Euro-