Full text: Johann Georg Soldner und sein System der Bayerischen Landesvermessung

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Es mag auffallend erscheinen, dass zu Anfang unseres Jahrhunderts, wo 
doch die Yega’schen Logarithmentafeln zur Hand waren, die numerische 
Berechnung spärischer Dreiecke noch immer Schwierigkeiten bereitet 
haben soll. Gleichwohl war es der Fall, und zwar deshalb, weil sieben 
stellige Logarithmentafeln den zu einer auf der Erdoberfläche gelegenen 
Dreiecksseite gehörigen Centriwinkel nur bis auf den zehnten oder höch 
stens zwanzigsten Teil einer Sekunde genau liefern, während man ihn bis 
auf den tausendsten Teil dieser winzigen Grösse kennen müsste, um hier 
aus mit Hilfe des Erdhalbmessers die Bogenlänge bis auf drei Centimeter 
genau zu berechnen. Denn da ein vom Mittelpunkt der Erde ausgehender 
Winkel von einer Sekunde an der Erdoberfläche einen Bogen von dreissig 
Meter oder dreitausend Centimeter umfasst, so gehört zu dem tausendsten 
Teil einer Sekunde noch immer ein Bogen von drei Centimeter. 
Soldner’s Erfindung bestand nun in der Angabe eines Rechnungs 
verfahrens, das ohne jedes andere Hilfsmittel als eine von ihm entwor 
fene Tabelle (die Additamententafel) gestattete, aus dem siebenstelligen 
Logarithmus des Sinus eines Bogens die Bogenlänge selbst bis auf einen 
Centimeter richtig und folglich so genau zu berechnen als man nur 
immer wünschen konnte. Was für die Berechnung der sphärischen Drei 
ecksseiten gilt, lässt sich auch von den kreisförmigen Koordinaten sagen, 
auf welche Soldner seine, ein so ausserordentlich einfaches und klares 
Bild der gegenseitigen Lage der Dreieckspunkte gewährendes Plannetz 
der Bayerischen Landesvermessung und damit die nach ihm benannte 
Kartenprojektion gegründet hat. 10 ) 
Theorie und Erfahrung lehren, dass kein geometrisches Netz der 
Kugelfläche so gut sich anschliesst als das von Soldner für die Bayerische 
Landesvermessung angegebene; in keines lassen sich die trigonometrisch 
bestimmten Punkte so bequem und sicher eintragen als in dieses, und 
darum gewährt auch kein anderes eine so zuverlässige Grundlage der 
Detailmessung als das Bayerische. Erwägt man dies und vergegenwärtigt 
sich, dass Utzschneider die damals eben erfundene Lithographie den 
Katasterzwecken dienstbar machen und auf rein mechanischem Wege die 
Fluraufnahme von den Originalplänen auf Stein übertragen liess, was 
mit wunderbarer Präzision geschah und heute noch geschieht, so begreift 
man wohl, dass die Bayerische Katastermessung sofort nach ihrem Bekannt-
	        
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