Der Verfasser der folgenden Abhandlung Dr. Wilhelm Deimler, Privatdozent der Mathematik an
der Technischen Hochschule in München, ist am 22. August 1914 bei der Erstürmung des Col de Sainte
Marie unfern Markirch im Elsaß, bei der er als Leutnant des 15. Reserve-Infanterieregiments die
Spitze der Vorhut führte, gefallen und auf dem Paß selbst begraben. Geboren am 28. Juli 1884 in
Bombay als jüngster Sohn eines Missionars kam er mit drei Jahren nach Deutschland, absolvierte 1902
das Alte Gymnasium in Nürnberg und studierte bis 1906 an der« Technischen Hochschule und der
Universität München erst Maschinenbau und dann Mathematik und Physik. Die beiden Teile des
bayerischen Lehramtsexamens für letztere Fächer legte er 1904 und 1906 mit bestem Erfolge ab, den
zweiten unter Vorlage einer wissenschaftlichen Arbeit über plötzliche Fixierungen eines starren Körpers.
Er bezog dann die Universität Göttingen, wo er unter dem Einfluß von Professor Prandtl 1908 mit
einer Arbeit über die Stabilität symmetrischer Gleitflieger promovierte. Die Dissertation erweitert das
von Bryan und Williams auf die longitudinale Stabilität angewandte Verfahren der kleinen Schwin
gungen um eine stationäre Bewegung auf den allgemeinen Fall und zeigt die Unabhängigkeit der Längs
und Seitenschwingungen eines symmetrischen Gleitfliegers. Deimler diente 1908/09 beim K. Infanterie-
Leibregiment und war dann drei Jahre lang Assistent für Mathematik an der Münchener Technischen
Hochschule bei Professor Finsterwalder. Dabei beschäftigte er sich mit Untersuchungen über den
Auftrieb von gebogenen Flächen in strömenden Medien nach der Theorie von Kutta, die er durch
möglichst exakte Zeichnungen erläuterte (vgl. Zeichnungen zur Kuttaströmung, Zeitschr. für Math, und
Physik, 60. Bd., 1912, S. 373). In der Folge lenkte er seine Aufmerksamkeit auf geodätische Probleme,
wovon diese Arbeit Zeugnis gibt, die als Grundlage seiner vor kaum einem Jahr erfolgten Habilitation
diente. Deimler war Hochalpinist von ungewöhnlichen Fähigkeiten, die er auch in den Dienst der
Wissenschaft stellte. Er beteiligte sich an der vom D. und Ö. Alpenverein ausgerüsteten Rickmersschen
Pamirexpedition und hat an den topographischen und photogrammetrischen Arbeiten derselben großen
Anteil gehabt. Seine Fachkenntnisse, verbunden mit einer seltenen Gewandtheit und Ausdauer im Zahlen
rechnen, befähigten ihn zu schwierigen Rechnungen im Auftrag der K. B. Kommission für internationale
Erdmessung und zur Vorbereitung der neuen bayerischen Landestriangulation, für die er durch Abhaltung
von Informationsvorträgen für die Beamten des Katasterbureaus wirkte.
S. Finsterwalder.