Full text: Das Verebnen der Kugeloberfläche für Gradnetzentwürfe

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Das Verhältnis einer Längenminute zur Breitenminute nimmt ab 
wie der Cosinus der Breite oder wie der Sinus der Poldistanz. 
1. Die strahligen Gradnetzentwürfe. 
§ 9. Um meinen Schülern auf einfache Weise einen klaren Be 
griff von der Übertragung der Kugeloberfläche auf eine Ebene zu 
verschaffen, ging ich mit ihnen auf das flache Dach der Seefahrtschule, 
das bei einer Höhe von ungefähr 23 Metern einen freien Überblick 
über ein Gesichtsfeld von 10 Seemeilen Halbmesser hat. Natürlich 
that das Dach der Seefahrtschule hierbei nichts zur Sache; es handelte 
sich nur um einen Punkt mit freier, weiter Aussicht. Wir hätten 
auch auf einen Hügel oder einen Berg gehen können, wenn sich ein 
solcher in der Nähe Bremens 
gefunden hätte. Da sahen wir 
nun die Türme der Dörfer in 
der Umgegend, deren Entfer 
nung einem Jeden von uns aus 
der Erfahrung bekannt war, 
und an einem Kompafs, den 
o wir mit hinaufgenommen hatten? 
bestimmten wir auch die Rich 
tung, in der sie von unserem 
Standpunkte aus lagen; wir 
peilten sie am Kompafs, wie 
der seemännische Ausdruck lau 
tet. Wie sich von selbst ver 
steht, handelte es sich für 
unseren Zweck nicht um scharfe 
Messungen; es genügten uns schon ungefähre Angaben. Da lag denn 
nun ein Dorfturm von uns in der Richtung SO 8 Seemeilen entfernt, ein 
anderer in der Richtung WSW 6 Seemeilen entfernt, ein dritter in 
der Richtung NNW 7 Seemeilen entfernt u. s. w. Hatten wir auf 
diese Weise eine Anzahl von Richtungen und Entfernungen aufge 
nommen, so gingen wir auf das Lehrzimmer und beschrieben auf der 
Wandtafel nach einem geeigneten Mafsstabe einen Kreis mit einem 
Halbmesser von 10 Seemeilen; der Mittelpunkt bezeichnete unseren 
Standort und der Kreisumring war die Begrenzungslinie unseres Ge 
sichtsfeldes d. h. unser natürlicher Horizont. Zogen wir nun vom 
Mittelpunkte aus, den Kompafsstrichen entsprechend, acht oder sech 
zehn Halbmesser, so erhielten wir die Gestalt eines Rades, dessen 
Reif vom Horizonte und dessen Speichen von den Kompafsrichtungen
	        
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